Auf der Suche nach dem untergetauchten Eigner der vor rund zwei Monaten gekenterten südkoreanischen Unglücksfähre «Sewol» haben den zweiten Tag in Folge tausende Polizisten ein Kirchengelände durchkämmt. An der Razzia nahe der Stadt Anseong waren am Donnerstag rund 3600 Polizisten beteiligt.
Dies erklärte ein Polizeisprecher. Bereits am Mittwoch hatten rund 6000 Sicherheitskräfte den Komplex der Evangelikalen Baptistenkirche rund 80 Kilometer südlich von Seoul gestürmt. Der Patriarch der Eignerfamilie der «Sewol», Yoo Byung Eun, ist ein führendes Kirchenmitglied. Medienberichten zufolge soll der Milliardär ins Ausland geflohen sein.
Yoo und sein ältester Sohn Yoo Dae Kyun werden nach Angaben der Staatsanwaltschaft per Haftbefehl gesucht. Die Behörden setzten demnach 500 Millionen Won (knapp 370'000 Euro) für Hinweise aus, die zur Festnahme des Vaters führen, sowie 100 Millionen Won für seinen Sohn.
Der Kirchen- und Farmkomplex bei Anseong war bereits vor drei Wochen erstmals durchsucht worden. Bei dem Grosseinsatz am Mittwoch wurden drei Gemeindemitglieder festgenommen, die Yoo beim Untertauchen geholfen haben sollen. Ob es bei der Razzia am Donnerstag weitere Festnahmen gab, war zunächst unklar.
Der Familie Yoo gehört die Chonghaejin Marine Co., zu deren Flotte die «Sewol» zählt. Diese war Mitte April mit 476 Menschen an Bord gekentert, nur 174 Insassen konnten gerettet werden. Die meisten Opfer waren Schüler auf einem Ausflug. Der Grossteil der Crew rettete sich rechtzeitig, ihnen wird deshalb unterlassene Hilfeleistung vorgeworfen.
Am Dienstag hatte in der südwestkoreanischen Stadt Gwangju der Prozess gegen die überlebenden Besatzungsmitglieder begonnen. Kapitän Lee Joon Seok und drei seiner Untergebenen sind der «fahrlässigen Tötung» in besonders schwerem Fall angeklagt, ihnen droht die Todesstrafe. (sda/afp)