Die Schweizer Gewässer sind in schlechtem Zustand. Nach einem am Mittwoch vorgestellten Bericht des WWF Schweiz gelten weniger als 5 Prozent der Bäche und Flüsse noch als komplett intakt. Diese «wertvollsten Gewässerperlen» müssten geschützt werden, fordert der WWF.
Die Untersuchung der Unweltschutzorganisation zeigt, wie gesund die Schweizer Bäche und Flüsse sind. Ziel der flächendeckenden Analyse war es, besonders wertvolle Gewässerstrecken zu identifizieren. Denn diese letzten naturnahen Bäche und Flüsse müssen zwingend umfassend geschützt werden, wie WWF-Gewässerexperte Christopher Bonzi sagt.
Als «äusserst wertvoll» gelten gerade noch 3.6 Prozent der Bäche und Flüsse. Diese Gewässer sind noch naturnah, und ihr Zustand entspricht auch den Zielen der Gewässerschutzverordnung. Das Prädikat «sehr wertvoll» erhielten 16.5 Prozent der Gewässer. Diese erreichten bei mindestens zwei Indikatoren eine hohe Bewertung. Weitere 43.8 Prozent der Bäche und Flüsse wurden als «wertvoll» eingestuft.
Insgesamt erfüllen rund 20 Prozent der Schweizer Bäche und Flüsse grösstenteils die Ziele der Gewässerschutzverordnung, wie es in der Studie heisst. Die grosse Mehrheit weist erhebliche Defizite auf.
Karte der wertvollen Gewässer
Die Analyse erfolgte anhand von vier Kriterien. Bewertet wurden die Artenvielfalt und die Qualität der Fliessgewässerlebensräume. Ausserdem wurden die Gewässerstruktur und der Wasserhaushalt untersucht, also ob beispielsweise Verbauungen vorhanden sind oder Wasser entnommen oder gestaut wird.
Die wertvollsten Abschnitte befinden sich laut WWF an der Sense, an Gewässern der Westschweiz (Allondon, Broye, Glâne, Mentue, Orbe, Seyon) an den grösseren Flüssen der Nordschweiz (Reuss, Aare, Thur, Rhein, Lucelle, Töss, Necker) und vereinzelt in der Zentralschweiz, im Berner Oberland, im Engadin und im Tessin.
Obwohl die Untersuchung nur einen Überblick gibt, ermöglicht die «Karte der wertvollen Gewässer der Schweiz» eine mögliche Priorisierung von Schutz-, Erhaltungs- und Aufwertungsmassnahmen.
Aus den Resultaten lassen sich vier klare Schlussfolgerungen ziehen, wie der WWF schreibt. So dürften keine weiteren noch vorhandenen ökologischen Werte zerstört werden. Allein schon ein Verschlechterungsverbot für Fliessgewässer, wie es die EU anwendet, könnte die Situation entschärfen.
Ausserdem müssten die wertvollsten Gewässer langfristig unter Schutz gestellt werden, und es brauche mehr Renaturierungen sowie eine bessere Datengrundlage.
Ausflugstipps zu naturnahen Gewässern
Vor wenigen Wochen hat bereits das Bundesamt für Umwelt eine gross angelegte Untersuchung vorgestellt. Auch diese kommt zum Ergebnis, dass die Schweizer Bäche und Flüsse mehrheitlich in einem mangelhaften Zustand sind. Der Bund will mit einem ganzen Bündel von Massnahmen dagegen vorgehen. Umweltschutzorganisationen wie Pro Natura, Aqua Viva und WWF gehen diese jedoch nicht weit genug.
Damit sich jeder selbst ein Bild von naturnahen Gewässerabschnitten machen kann, hat der WWF als Teil seines Projekts «Die letzten Gewässerperlen schützen» eine Serie von Ausflugstipps zusammengestellt. Zu finden sind diese im Internet unter http://water.wwf.ch. (sda)