Im FlowTex-Prozess vor dem Bezirksgericht Frauenfeld hatte am Montag die Verteidigung das Wort. Der Anwalt der Ex-Frau des FlowTex-Geschäftsführers bestritt, dass die heute 69-Jährige gezielt Vermögenswerte verschwinden liess. Er forderte Freisprüche.
In dem auf 20 Tage angesetzten Prozess will die Thurgauer Staatsanwaltschaft beweisen, dass unrechtmässige Gewinne aus den FlowTex-Betrügereien in der Schweiz gewaschen und dort versteckt wurden. Der Fall war im Jahr 2000 in Deutschland aufgeflogen.
Vor einer Woche forderte die Staatsanwaltschaft für die Ex-Frau eine Freiheitsstrafe von 65 Monaten sowie eine Geldstrafe von 400 Tagessätzen. Angeklagt sind neben der 69-Jährigen der ehemalige Flow-Tex-Geschäftsführer, die beiden erwachsenen Kinder des Paars sowie der Rechtsanwalt der Ex-Frau. Ihnen werden unter anderem Veruntreuung oder Betrug, Geldwäscherei und Urkundenfälschung vorgeworfen.
Nichts von Delikten des Mannes gewusst
Am Montag hielt der Verteidiger der Hauptangeschuldigten sein Plädoyer. Er forderte für seine Mandantin Freisprüche, die Freigabe der Bankguthaben, der Gemälde und des eingezogenen Schmucks und eine Genugtuung von 10'200 Franken. Der Verfahren um die vier Chagall-Bilder sei einzustellen.
Die Staatsanwaltschaft hatte der Frau unter anderem vorgeworfen, nach der Verhaftung ihres Mannes mehrere Millionen Schweizer Franken von einem Konto abgezweigt zu haben. Das Geld soll überwiegend aus dem FlowTex-Betrug gestammt haben.
«Die Staatsanwaltschaft hat versucht, meine Mandantin als durchtriebene Kriminelle darzustellen», sagte der Verteidiger am Montag vor Gericht. Sie habe aber bis ins Jahr 2000 nichts von den Delikten ihres Mannes gewusst. Nach seiner Verhaftung sei sie völlig aufgelöst gewesen und habe nach den Anweisungen des Rechtsanwalts gehandelt. Die Überweisungen seien ohne deliktische Absicht erfolgt.
Das Landgericht Karlsruhe habe sie von den Hauptvorwürfen freigesprochen. Die verbrecherische Herkunft der Vermögenswerte sei nicht erwiesen. Die Staatsanwaltschaft habe entlastende Elemente gezielt weggelassen.«Ansonsten wäre das Feuerwerk an Vorwürfen verpufft», sagte er. Es sei der Grundsatz «im Zweifel für die Angeklagte» anzuwenden.
2009 war die Angeklagte wegen Geldwäscherei schuldig gesprochen worden, weil sie Gemälde von Marc Chagall als Sicherheit für ein Darlehen gegeben hatte. Dem Gericht zufolge habe sie damit rechnen müssen, dass die Kunstwerke mit Geld aus dem Flowtex-Betrug bezahlt worden waren. Für dieses Delikt könne sich nicht nochmals verurteilt werden, sagte der Verteidiger. Den Verpflichtungen gegenüber der Insolvenz sei sie nachgekommen.
Gewaltiges Schneeballsystem
Der im Jahr 2000 aufgeflogene FlowTex-Betrug gilt als bislang grösster Fall von Wirtschaftskriminalität in der Bundesrepublik. Banken und Leasinggesellschaften war dadurch ein Schaden in Höhe von rund 2.8 Milliarde DM entstanden.
Der FlowTex-Chef und seine Komplizen hatten über Jahre hinweg mit Bohrsystemen gehandelt, die zum grossen Teil gar nicht existierten. Es handelte sich um ein gewaltiges Schneeballsystem, bei dem Gewinne in Immobilien unter anderem in Spanien, Uruguay oder St. Moritz angelegt wurden. Dabei ist auch Kunst von Picasso oder Chagall gekauft worden oder die Gelder sind in Stiftungen gelagert worden.
Der ehemalige FlowTex-Geschäftsführer wurde in Deutschland wegen Betrugs zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Inzwischen befindet er sich wieder auf freiem Fuss. Am Montag wohnte er als Mitangeklagter der Gerichtsverhandlung in Frauenfeld bei.
Der Staatsanwalt wirft dem 66-Jährigen Geldwäscherei mit einer Schadenssumme zwischen 4.5 und 5 Millionen Franken vor. Dafür soll er mit einer Freiheitsstrafe von 42 Monaten, dazu mit einer Geldstrafe von 400 Tagessätzen bestraft werden. (sda)