Nationalrat will nicht alle Nachtragskredite genehmigen

Nationalrat will nicht alle Nachtragskredite genehmigen

31.05.2017, 11:56

Der Nationalrat will für die Informatik der Steuerverwaltung und für die Bundesanwaltschaft keine Nachtragskredite gewähren. Zugestimmt hat er dagegen dem grössten Kredit, jenem für die Hochseeschiffe.

Der Ständerat hatte dem ersten Nachtrag zum Voranschlag 2017 ohne Änderungen zugestimmt. Der Nationalrat lehnte am Mittwoch zwei Kredite ab. Nun ist wieder die kleine Kammer am Zug. Der Bundesrat beantragt zehn Kredite im Umfang von insgesamt 252 Millionen Franken.

18 Millionen Franken sind für FISCAL-TI vorgesehen, das Nachfolgeprojekt des gescheiterten Informatikprojekts INSIEME. Damit sollen die IT-Anwendungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung bis Ende 2018 grundlegend erneuert werden. Das Parlament hat dafür bereits 85 Millionen Franken bewilligt, doch wird das Projekt wegen Verzögerungen teurer.

Man habe ursprünglich «etwas optimistisch» gerechnet, sagte Finanzminister Maurer dazu. Der zusätzliche Finanzbedarf sei auch auf Ergänzungen wie den automatischen Informationsaustausch zurückzuführen. Nun sei das Projekt aber im Griff, beteuerte er. Der Nationalrat lehnte den Nachtragskredit aber mit 96 zu 89 Stimmen ab. Folgt ihm der Ständerat, will Maurer den Kredit mit dem zweiten Nachtrag zum Voranschlag erneut beantragen.

Sparen bei der Bundesanwaltschaft

Streichen will der Nationalrat auch den Nachtragskredit in Höhe von 700'000 Franken für die Bundesanwaltschaft. Damit sollen Kürzungen im Rahmen der Sparmassnahmen rückgängig gemacht werden. Die Bundesanwaltschaft begründete das mit den zunehmenden komplexen Fällen, für welche die Ressourcen fehlten.

Eine Minderheit aus den Reihen von SP, Grünen und CVP setzte sich für ein Ja ein. Ausgerechnet in einer Zeit, in welcher die Sicherheit durch Terrorakte erschüttert werde und die Internetkriminalität zunehme, dürfe bei der Bundesanwaltschaft nicht gespart werden, befand Margret Kiener Nellen (SP/BE).

Der Rat folgte aber seiner Kommission und lehnte den Antrag mit 111 zu 73 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Dieser Nachtragskredit sei nur schon aus prinzipiellen Gründen nicht zu gewähren, sagte Thomas Aeschi (SVP/ZG). Sonst würden alle Bereiche versuchen, via Nachtragskredite Sparbeschlüsse des Parlaments rückgängig zu machen.

Unmut über Hochseeschiff-Fiasko

Am meisten zu reden gab der Nachtragskredit für Schweizer Hochseeschiffe in Höhe von 215 Millionen Franken, den der Rat aber schliesslich zähneknirschend mit 104 zu 69 Stimmen bei 14 Enthaltungen genehmigte. Das Parlament habe keine Wahl, es habe der Bürgschaft zugestimmt und müsse nun die Verpflichtung erfüllen, sagten viele.

Gegen den Kredit stellte sich Ulrich Giezendanner (SVP/AG). Er habe der Bürgschaft zugestimmt, weil die damals zuständige Bundesrätin Doris Leuthard das Risiko als minim bezeichnet habe, sagte er. «So blöd war ich.» Nun zu zahlen, sei Ehrensache, doch gelte es dafür zu sorgen, dass die übrigen rund 600 Millionen der Bürgschaft nicht auch noch verloren gingen.

Vorwürfe fehl am Platz

Der Bund ist für Schiffe unter Schweizer Flagge Bürgschaften über insgesamt 770 Millionen Franken eingegangen. Bruno Pezzatti (FDP/ZG) gab zu bedenken, dass er damit die Versorgungssicherheit habe gewährleisten wollen. Das sei nachvollziehbar. Nachträgliche Vorwürfe seien fehl am Platz.

Aus dem Verkauf von 13 Schiffen, die in Schieflage geraten sind, erzielte der Bund rund 74 Millionen Franken. Der Ausfall beträgt damit voraussichtlich 190 Millionen. Im Kredit von 215 Millionen ist eine Reserve eingerechnet.

Weiteres Ungemach möglich

Finanzminister Ueli Maurer wies darauf hin, dass der Bund bezahlen müsse, auch wenn das Parlament den Nachtragskredit ablehne. Die Bürgschaft sei zuletzt 2008 gewährt worden. Damals sei man von einem geringen Risiko ausgegangen.

Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann beteuerte, sein Departement habe einen grossen Aufwand betrieben, um den Schaden möglichst gering zu halten. Dass weitere Schiffe in Schieflage geraten könnten, schloss er allerdings nicht aus. «Ich kann Ihnen keine Garantie geben», sagte er.

Gesamtbundesrat verantwortlich

Schneider-Ammann sah sich mit einer Reihe von Fragen konfrontiert. So wollte Thomas Aeschi (SVP/ZG) wissen, wer denn nun verantwortlich sei: Bundesrätin Leuthard oder er. Der Wirtschaftsminister antwortete, der Bundesrat stehe als Kollektivorgan in der Verantwortung.

Die Administrativuntersuchung ist abgeschlossen, kann aber noch nicht veröffentlicht werden, weil sich Betroffene wehren. Laut Schneider-Ammann können die Mitglieder der Finanzkommission indes in den nächsten Tagen Einsicht in den Untersuchungsbericht nehmen. (sda)

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