Die türkische Regierung hat kurdische Kämpfer für den Angriff auf einen Militärkonvoi in Ankara verantwortlich gemacht. Die Kurdenparteien in der Türkei und Syrien stritten umgehend eine Verwicklung in den Anschlag vom Mittwoch mit 29 Toten und über 60 Verletzten ab.
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte am Donnerstag in einer im Fernsehen übertragenen Rede, beim Attentäter habe es sich um einen 23-jährigen Syrer gehandelt. Er sei ein Mitglied der syrischen Kurdenmiliz YPG gewesen.
Unterstützt worden sei der Attentäter von der Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Der Anschlag zeige, dass auch die YPG eine terroristische Gruppierung sei. Er erwarte, dass die Verbündeten der Türkei im Kampf gegen die YPG kooperierten, sagte Davutoglu.
Auch Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, dass die PKK und ihr syrischer Ableger Partei der Demokratischen Union (PYD), beziehungsweise deren bewaffneter Arm YPG, für den Anschlag verantwortlich seien. 14 Personen seien im Zusammenhang mit dem Anschlag festgenommen worden.
Dementi von PYD und PKK
Die kurdischen Parteien reagierten rasch auf die Anschuldigungen mit ihrem Dementi. Die PYD bestritt, dass ihre YPG-Miliz in den Anschlag von Ankara verwickelt sei. Dieser Vorwurf der türkischen Regierung solle nur dazu dienen, den Konflikt in Syrien anzuheizen, sagte PYD-Co-Vorsitzender Saleh Muslim. Die PYD betrachte die Türkei nicht als Feind.
Der PKK-Vertreter Cemil Bayik sagte der kurdischen Nachrichtenagentur Firat zum Anschlag von Ankara: «Wir wissen nicht, wer das getan hat.» Er schliesse aber nicht aus, dass das Attentat eine Racheaktion für die türkischen Massaker in den Kurdengebieten sei.
Türkei lässt Kämpfer über die Grenze
Die Kurden, die vor allem im Osten der Türkei und Norden Syriens und des Iraks leben, sind zum Spielball der Konflikte in der Region geworden, treiben aber auch ihre eigene Agenda voran.
Die Miliz der syrischen Kurden YPG kämpft im Nordosten Syriens gegen die Extremisten des Islamischen Staates (IS) und wurde dabei auch von den USA unterstützt. Im Nordwesten des Landes drängten sie hingegen mit Hilfe russischer Luftangriffe kürzlich mehrere Rebellengruppen nördlich von Aleppo zurück.
Ankara befürchtet dadurch eine Stärkung der Kurden im Grenzgebiet zur Türkei. In Syrien werde die Türkei ihre Militäraktionen gegen die YPG fortsetzen, kündigte Davutoglu an und warnte zugleich Russland, die YPG nicht gegen die Türkei zu instrumentalisieren.
Nach Informationen syrischer Rebellen sind mindestens 2000 Kämpfer aus der Türkei in das Gebiet nördlich von Aleppo gekommen, um dort die Offensive der YPG zurückzuschlagen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete von rund 500 Kämpfern.
In Kreisen anderer syrischer Rebellen hiess es weiter, die Türkei habe in den vergangenen Tagen ihre Lieferungen von Munition und schwerer Waffen aufgestockt.
Anschlag auf Soldaten
Parallel dazu setzt das türkische Militär seine Kampagne im Südosten des Landes und im Irak gegen die PKK fort. Die Regierung habe zudem mit Luftangriffen auf PKK-Einrichtungen im Nordirak auf das Attentat reagiert, sagte Davutoglu. Dabei seien in der Nacht zum Donnerstag 60 bis 70 PKK-Kämpfer getötet worden, darunter auch PKK-Anführer.
Bei der Explosion einer ferngezündeten Bombe starben in der Osttürkei nach Angaben aus Sicherheitskreisen sechs Soldaten. Einer sei schwer verletzt worden. Der Sprengsatz sei neben einem gepanzerten Fahrzeug auf der Strasse von Diyarbakir in den Bezirk Lice detoniert. (sda/reu/afp/dpa)