Erneuter Angriff in London erschüttert Grossbritannien vor Wahl

Erneuter Angriff in London erschüttert Grossbritannien vor Wahl

04.06.2017, 09:36

Wenige Tage vor der Parlamentswahl ist Grossbritannien erneut Ziel eines Anschlags geworden. Nach bisherigen Erkenntnissen töteten am späten Samstagabend in London drei mutmassliche Täter mindestens sechs Menschen, wie die Polizei mitteilte.

Über 50 weitere Menschen wurden verletzt. Angaben zu allfälligen Schweizer Opfern lägen bis zur Stunde keine vor, teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntagmorgen auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda mit.

Die drei mutmasslichen Angreifer wurden nach Polizeiangaben erschossen. Grossbritanniens Anti-Terror-Chef Mark Rowley erklärte am frühen Sonntagmorgen, die Polizei behandle die Angriffe als «terroristische Vorfälle».

Bislang hat sich niemand zum Anschlag bekannt. Jedoch verwies Rita Katz, Direktorin der auf dschihadistische Propaganda spezialisierten Site Intelligence Group, darauf, dass Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Anschlag in ihren Foren und Chat-Kanälen feierten und den IS hinter der Tat vermuteten.

Offenbar keine weiteren Täter

Laut Polizeiangaben fuhr am späten Samstagabend zunächst ein Lieferwagen auf der London Bridge in eine Gruppe von Fussgängern. Das Auto sei dann weiter zum nur wenige hundert Meter entfernten Borough Market gefahren. Dort stiegen drei mutmassliche Täter aus und attackierten Menschen mit Messern.

Die Angreifer seien schliesslich am Market von Sicherheitskräften erschossen worden - acht Minuten nach Eingang des Notrufs. Die Attentäter hätten Westen getragen, die so ausgesehen hätten, als würden sie Sprengstoff enthalten. Die Westen hätte sich später jedoch als harmlose Attrappen entpuppt.

Der Anschlag ereignete sich wenige Minuten nach dem Ende des Champions-League-Finals zwischen Real Madrid und Juventus Turin. Zahlreiche Fussballfans verfolgten das Endspiel am Samstagabend in den Bars rund um den Borough Market.

Die Polizei ging am Morgen davon aus, dass es über die drei erschossenen Verdächtigen hinaus keine weiteren Täter gebe. Man müsse aber noch weiter ermitteln, um dies mit hundertprozentiger Sicherheit sagen zu können, erklärte Anti-Terror-Chef Rowley.

Auf Twitter hatte die Polizei die Bevölkerung aufgefordert, das Gebiet zu meiden. Sie sperrte grosse Areale in der Stadt weiträumig ab.

Wahlkampf vorübergehend ausgesetzt

Am Donnerstag wählt Grossbritannien ein neues Parlament. Die Konservative Partei von Premierministerin Theresa May setzte am Sonntag ihren Wahlkampf vorübergehend aus. Medienberichten zufolge rief May für Sonntagmorgen eine Sondersitzung des Cobra-Komitees, des höchsten britischen Sicherheitsgremiums, ein.

Der Anschlag wurde international verurteilt. «Wir sind heute über alle Grenzen hinweg im Entsetzen und der Trauer vereint, aber genauso in der Entschiedenheit», erklärte Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Sie bekundete den Opfern und ihren Angehörigen ihre Anteilnahme.

Auch die USA, Frankreich und die EU zeigten sich am Sonntag bestürzt und sagten Grossbritannien ihre Unterstützung zu. Am Donnerstag sollten die Briten wie geplant zur Wahl gehen, betonte Londons Bürgermeister Sadiq Khan. So könnten sie zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern liessen.

Dritter Anschlag in weniger als drei Monaten

Es ist bereits der dritte Anschlag in Grossbritannien binnen weniger als drei Monaten. Ende März war der mutmasslich islamistische Attentäter Khalid Masood auf der Westminster Bridge im Zentrum Londons mit seinem Auto in eine Gruppe von Passanten gerast, vier Menschen starben. Vor dem Parlament erstach Masood dann einen Polizisten, ehe er selbst erschossen wurde. Der IS reklamierte die Tat für sich.

Am 22. Mai hatte sich der Selbstmordattentäter Salman Abedi am Ende eines Konzertes von US-Popstar Ariana Grande in Manchester in die Luft gesprengt und 22 Menschen mit in den Tod gerissen. 116 Menschen wurden verletzt. Unter den Opfern waren viele Jugendliche und Kinder. Grande sollte am Sonntag zusammen mit anderen Pop-Grössen ein Benefizkonzert zugunsten der Opfer geben. (sda/dpa/afp/reu)

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