Die deutsche FDP zieht mit der Forderung nach durchgreifenden Bildungsreformen und einem deutlichen Ausbau der Digitalisierung in den Bundestagswahlkampf. Der Parteitag in Berlin verabschiedete am Sonntag in Berlin ein fast 90 Seiten umfassendes Programm.
Die deutschen Liberalen wollen nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 im kommenden September zurück ins Parlament in Berlin.
«Wir haben ein klares Konzept für die Zukunft - eine Agenda 2030», sagte Generalsekretärin Nicola Beer zum Abschluss und lobte die Geschlossenheit der Partei. Die rund 660 Delegierten hatten drei Tage lang rund 360 Änderungsanträge zum Entwurf des Parteivorstandes beraten.
Die Freien Demokraten wollen hohe Investitionen im Bildungssektor, eine Reform des Bildungsföderalismus durchsetzen und den Schulen mehr Freiheiten geben. Zudem soll der Ausbau von Glasfasernetzen für schnelles Internet vorangetrieben und ein Digitalministerium geschaffen werden.
Aber auch die Forderung nach milliardenschweren Steuerentlastungen finden sich in dem fast 90 Seiten starken Beschluss. Krisenstaaten sollen nach einem geregelten Verfahren aus dem Euro-Währungsraum austreten können.
Keine EU-Beitrittsgespräche mit Türkei
Die deutschen Liberalen fordern zudem ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei. «Beitrittsverhandlungen mit der Türkei können nicht fortgesetzt werden mit einer Erdogan-Türkei, die eine islamistische Präsidialdiktatur wird», sagte FDP-Chef Christian Lindner, der am Freitag mit 91 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden war, zu Reuters TV.
In deutlicher Form kritisierten Lindner und Beer die Haltung der Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel in dieser Frage.
Die Partei macht sich auch für ein Einwanderungsgesetz stark und will die Zuwanderung qualifizierter Menschen in den Arbeitsmarkt mit festgelegten Kriterien steuern.
Kontroverse bei Doppelpass
Eine kontroverse Debatte gab es beim Thema Doppelpass. Der Parteitag beschloss, dass die doppelte Staatsangehörigkeit künftig nur bis zur dritten Generation einer Zuwandererfamilie möglich sein soll. Personen der vierten Generation müssen sich dann für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden.
«Irgendwann dürfen wir erwarten, dass die Menschen sich auch zu Deutschland bekennen», sagte Lindner zu Reuters. Zudem lehnt die FDP einen Abschiebestopp nach Afghanistan ab.
Umfragen sehen die FDP derzeit auf Bundesebene bei rund sechs Prozent, weswegen sich die Liberalen Hoffnungen auf ein Comeback machen. Die Partei könnte gar als Königsmacherin gebraucht werden.
Beer betonte allerdings, die FDP werde nach der Bundestagswahl im September nur für eine Kanzlerin oder einen Kanzler stimmen, wenn die jeweilige Person eine Vorstellung und Vision von Deutschland habe, und nicht nur eine Vorstellung von der Zusammensetzung des Kabinetts.
«Eigenständig, aber nicht beliebig»
Lindner warnte, die Eigenständigkeit der FDP dürfe nicht missverstanden werden. «Wir sind eigenständig, aber nicht beliebig.» In der Wirtschafts- und Finanzpolitik stehe die Union (CDU und CSU) der FDP immer noch näher als die SPD. Die Union wolle «nichts» und die SPD wolle «zurück», was noch schlechter sei. «Aber beides ist nicht geeignet, Begeisterungsstürme bei den Freien Demokraten auszulösen», unterstrich der 38-Jährige.
In Anlehnung an das Wahlprogramm forderte Beer einen Neustart in der EU. Die FDP sei klar «pro-europäisch», wolle aber eine bessere und nicht eine immer engere Union. (sda/reu)