Der EU-Freund Emmanuel Macron geht nach der ersten Runde der französischen Präsidentenwahl als Favorit in das Duell mit der rechten EU-Gegnerin Marine Le Pen. Macron kann in der Stichwahl am 7. Mai mit einer Zweidrittel-Mehrheit rechnen.
Der unabhängige frühere Wirtschaftsminister konnte im ersten Wahlgang am Sonntag zwar nur einen knappen Vorsprung auf Marine Le Pen vom Front National einfahren. Er kann Umfragen zufolge in der Stichwahl am 7. Mai jedoch mit einer Zweidrittel-Mehrheit rechnen.
Gemeinsam ist Le Pen und Macron, dass sie keiner der grossen Volksparteien angehören - für die konservative Opposition in Paris und die regierenden Sozialisten wurde die Wahl zum Debakel. Führende Sozialisten und Konservative riefen zur Unterstützung Macrons auf, um Le Pen als Präsidentin zu verhindern.
Wahlbeteiligung bei 78 Prozent
Nach den fast vollständigen Ergebnissen der ersten Runde lag Macron gut zwei Prozentpunkte vor Le Pen. Den fortlaufend aktualisierten Ergebnissen des Innenministeriums zufolge lagen bis zum Montagvormittag (09.00 Uhr) Ergebnisse vor, die rund 97 Prozent der Wahlberechtigten erfassten. Demnach verzeichnete Macron knapp 23.9 Prozent, seine Kontrahentin 21.4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 78 Prozent, leicht niedriger als vor fünf Jahren.
Le Pens rechter Front National (FN) setzt auf eine EU-kritische Stimmung im Land: «Es gab noch nie so viele Stimmen für Kandidaten, die der Europäischen Union sehr kritisch gegenüberstehen», sagte der stellvertretende Parteichef Florian Philippot am Tag nach der Wahl im Sender Franceinfo. Dazu zählte er neben Le Pen etwa auch den Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon.
Die FN-Chefin erhielt so viele Stimmen wie noch nie in der Geschichte der Partei: Mehr als 7.6 Millionen Franzosen entschieden sich für die 48-Jährige. Zum ersten Mal seit 15 Jahren steht der FN in der Stichwahl um den mächtigsten Job Frankreichs.
2002 war - beim «Schock des 21. April» - überraschend Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen ins Finale gekommen, das er dann aber klar gegen den Konservativen Jacques Chirac verlor. Seine Tochter sagte am Sonntagabend: «Es ist Zeit, das französische Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm sein Verhalten vorschreiben wollen.»
Schwächelnde Wirtschaft
Der 39-jährige parteilose Linksliberale Macron sagte, er wolle mit einem System brechen, «das unfähig ist, auf Probleme zu reagieren». Frankreich, die nach Deutschland zweitgrösste Volkswirtschaft der Eurozone, leidet seit Jahren unter hoher Arbeitslosigkeit und einer schwächelnden Wirtschaft.
Das Land steht nun vor einer dramatischen Richtungsentscheidung: Denn Le Pen will raus aus dem Euro und die Bürger über die EU-Mitgliedschaft Frankreichs abstimmen lassen. Macron tritt hingegen für die Europäische Union ein und will die Eurozone gemeinsam mit Deutschland stärken.
Er rief seine Anhänger dazu auf, ihm auch eine parlamentarische Mehrheit zu verschaffen. Er kann Umfragen zufolge in der Stichwahl am 7. Mai mit einer Zweidrittel-Mehrheit rechnen.
Frankreich wählt am 11. und 18. Juni eine neue Nationalversammlung. Die von Macron gegründete Bewegung «En Marche!» (Auf dem Weg) ist dort bislang nicht vertreten. Falls ein Präsident keine Abgeordneten-Mehrheit hinter sich hat, würde das seinen Gestaltungsspielraum erheblich einschränken.
Fillon und Hamon für Macron
Der Linksaussen-Politiker Mélenchon erreichte rund 19.6 Prozent. Sein konservativer Widersacher François Fillon kam auf knapp 20 Prozent und kündigte umgehend an, in der Stichwahl für Macron zu stimmen. Mélenchon gab zunächst keine Empfehlung ab.
Der Kandidat der regierenden Sozialisten, Benoît Hamon, lag abgeschlagen auf dem fünften Platz. Auch er bat um Unterstützung für Macron: «Es gibt keine andere Wahl, als gegen die extreme Rechte zu stimmen», sagte er.
Etwa 47 Millionen Franzosen waren zur Wahl des Nachfolgers von Präsident Hollande aufgerufen. Der Sozialist hatte wegen schlechter Umfragewerte nicht erneut kandidiert.
Der französische Wahlkampf war geprägt von Skandalen und Überraschungen. Der Anti-Terror-Kampf spielte insbesondere gegen Ende eine grosse Rolle. Frankreich wird seit Anfang 2015 von einer Serie islamistischer Anschläge erschüttert. Erst am Donnerstag hatte ein 39-Jähriger in Paris Polizisten angegriffen und einen getötet. (sda/dpa/reu)