Inmitten wachsender Spannungen im Konflikt mit der Ukraine hat Russland sein modernstes Luftabwehrsystem auf der annektierten Halbinsel Krim installiert. Ein russisches Regiment auf der Krim erhielt das System S-400.
Russische Nachrichtenagenturen zitierten am Freitag aus einer entsprechenden Mitteilung der russischen Armee. Moskau hatte am Mittwoch erklärt, Anschläge des ukrainischen Militärgeheimdienstes auf der Krim vereitelt zu haben und angekündigt, die Militärpräsenz auf der Schwarzmeer-Halbinsel werde verstärkt.
Die S-400 «Triumph» (NATO-Code: SA-21 Growler) dienen der Luft- und Raketenabwehr, sie haben eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern. Sie können 300 Ziele verfolgen und etwa drei Dutzend von ihnen gleichzeitig abschiessen. Die Stationierung geht einher mit dem grössten Truppenaufmarsch der NATO in Osteuropa seit dem Ende des Kalten Krieges.
Die Krim ist historisch der Standort der russischen und sowjetischen Schwarzmeerflotte. Russland annektierte die Halbinsel 2014, nachdem eine grosse Mehrheit der Krimbewohner sich in einem umstrittenen Volksentscheid dafür ausgesprochen hatte. Die Ukraine und der Westen erkennen die Annexion nicht an.
In Alarmbereitschaft
Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine hatten sich in den vergangenen Tagen wieder deutlich verschärft. Russland wirft der ukrainischen Regierung vor, Sabotageakte auf der Krim-Halbinsel vorbereitet zu haben. Die Regierung in Kiew weist die Anschuldigungen zurück und hat ihrerseits die Armee in der Region in Alarmbereitschaft versetzt.
Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew brachte einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur Ukraine im Falle einer weiteren Verschärfung der Spannungen in die Diskussion. Zwar sei dieser Schritt nicht wünschenswert, und es gebe noch keine Entscheidung darüber, sagte Medwedew am Freitag.
«Wenn es aber keine andere Möglichkeit gibt, die Situation zu beeinflussen, könnte der Präsident eine solche Entscheidung treffen», wird Medwedew auf der Internetseite der russischen Regierung zitiert.
Drohung mit Visumpflicht
Angesichts der Spannungen zieht die prowestliche Führung der Ukraine eine Visumpflicht für Russen in Betracht. «Wir müssen die Einreise vom Territorium Russlands scharf kontrollieren», sagte Aussenminister Pawel Klimkin. Aber es bleibe die Frage, ob eine Visumpflicht dabei helfen könne, russische Agenten herauszufiltern.
Russlands Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa warnte die Ukraine vor der Einführung einer Visumpflicht. Damit würde sich Kiew ins eigene Fleisch schneiden, weil Moskau mit dem gleichen Schritt antworten würde. Dies würde Ukrainern das Arbeiten in Russland erschweren.
Washington «extrem besorgt»
Die US-Regierung zeigte sich «extrem besorgt» über die erneuten Spannungen und forderte beide Konfliktparteien auf, jede Eskalation zu vermeiden. Die Position der USA sei bekannt: Die Krim sei Teil der Ukraine und als solche von der internationalen Gemeinschaft anerkannt, sagte eine Sprecherin des US-Aussenministeriums.
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier rief Moskau und Kiew dazu auf, alle Schritte zu unterlassen, «die zu einer weiteren Verschärfung der Lage führen könnten». Zudem forderte er die Einhaltung des Minsker Friedensabkommens vom Februar 2015. Steinmeier reist am Montag nach Jekaterinburg, um mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow über die Lage zu sprechen. (sda/afp/dpa/reu)