Rebellen haben im Raum Aleppo eine Grossoffensive gegen die syrischen Regierungstruppen gestartet. Sie wollen den Belagerungsring um die Stadt sprengen.
Allein im Südwesten der Stadt seien mehr als 150 Raketen und Granaten eingeschlagen, berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag. Bei Angriffen im Westen der früheren Handelsmetropole seien 15 Zivilisten getötet worden. Staatliche Medien sprachen von fünf zivilen Opfern.
An der Offensive beteiligte sich auch die islamistische Gruppe Dschabhat Fateh al-Scham, die früher als Nusra-Front bekannt war und mit der Al-Kaida verbündet war.
Die Regierungstruppen und ihre Verbündeten belagern die von Aufständischen beherrschten Gebiete Aleppos seit diesem Sommer. Dabei bekommen sie auch Hilfe von der russischen Luftwaffe. Aleppo ist seit Beginn des Bürgerkrieges vor mehr als fünf Jahren eine geteilte Stadt. Im Ostteil von Aleppo, der von Regimegegnern gehalten wird, sind nach UNO-Schätzungen immer noch über 200'000 Menschen eingeschlossen.
Selbstmordattentäter mit Autobomben
Bei der Offensive am Freitag setzten die Aufständischen nach Informationen der in Grossbritannien ansässigen Beobachtungsstelle auch Selbstmordattentäter ein, die Autobomben zur Explosion brachten. Dem staatlichen Fernsehen zufolge konnte die Armee vier dieser Sprengsätze zerstören.
Bei den Rebellen handelte es sich offenbar vor allem um Einheiten ausserhalb der Stadt. Aus dem auch vom Westen unterstützten Rebellenbündnis Freie Syrische Armee verlautete, es gebe eine Mobilmachung aller Personen, die Waffen tragen könnten.
Die Offensive begann mit dem Beschuss des Luftwaffenstützpunkts Nairab in Aleppo. Auch in der Nähe der Basis Hmeimim schlugen nach Erkenntnissen der Beobachtungsstelle Raketen ein. Der Fliegerhorst nahe der Küstenstadt Latakia wird von der russischen Luftwaffe für Einsätze in Syrien genutzt.
Syriens Verbündete in Moskau
Die syrische Regierung und ihre Verbündeten Russland und der Iran haben den Willen zur gewaltsamen Rückeroberung von Aleppo bekräftigt. Die drei Staaten hätten einen verstärkten Kampf gegen den Terror vereinbart, sagte der russische Aussenminister Sergej Lawrow am Freitag in Moskau nach Gesprächen mit seinen Kollegen. Fragen der Versorgung der Bevölkerung und einer Wiederbelebung des Friedensprozesses sollten parallel gelöst werden.
Russland ist neben dem Iran der engste Verbündete des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad. Die Regierung in Moskau blockierte zuletzt im UNO-Sicherheitsrat Ermittlungen gegen die syrische Führung. Hintergrund ist der Einsatz von Giftgas in dem Bürgerkrieg.
Alle Parteien verletzen Völkerrecht
Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, hat allen Konfliktparteien in Syrien vorgeworfen, das humanitäre Völkerrecht zu verletzen. Angriffe auf Schulen, wie im Dorf Hass seien «inakzeptabel».
In einem Interview mit dem österreichischen Rundfunk (ORF) sagte Maurer, es sei jedoch noch zu früh über diesen Angriff ein Urteil zu fällen. Oppositionsnahe Aktivisten lasten die Bombardierung der Schule russischen oder syrischen Flugzeugen an.
Der Schweizer Diplomat beklagte, «mit welcher Leichtfertigkeit von den Waffen Gebrauch gemacht wird und mit welcher Nachlässigkeit das humanitäre Völkerrecht respektiert wird».
Beinahe-Zusammenstoss von Jets
Ein russisches und ein US-Militärflugzeug hatten nach US-Angaben über Syrien einen Beinahe-Zusammenstoss. Ein russisches Kampfflugzeug sei im Osten Syriens gefährlich nah an einer US-Maschine vorbeigeflogen, sagte Jeff Harrigan, Generalleutnant der US-Luftwaffe, am Freitag.
Der Zwischenfall ereignete sich demnach bereits am Abend des 17. Oktober, als ein russischer Jet ein grosses Aufklärungsflugzeug eskortiert habe.
Die russische Luftwaffe kämpft an der Seite der syrischen Regierungstruppen. Die Luftangriffe der US-geführten Militärkoalition in Syrien richten sich gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Washington leistet auch einigen syrischen Rebellengruppen Unterstützung. (sda/reu/apa/dpa/afp)