Nach monatelangem Streit wollen die deutschen Parteien CDU und CSU geschlossen und mit Kanzlerin Angela Merkel in den Wahlkampf ziehen. Die Präsidien beider Parteien kürten die CDU-Chefin zur gemeinsamen Kandidatin.
Zudem legten Merkel und ihr CSU-Kollege Horst Seehofer am Montag in München eine Erklärung vor, in der innere und äussere Sicherheit, Familienpolitik, Zusammenhalt der Gesellschaft sowie Innovationen als Schwerpunkte des Wahlkampfes beschrieben werden.
Ein Wahlprogramm wollen CDU und CSU aber erst im Juli verabschieden. Ziel sei es, eine rot-rot-grüne Regierung nach der Bundestagswahl am 24. September zu verhindern. In einer Umfrage konnte die SPD die Union erstmals überflügeln.
«Geschlossen auftreten»
Merkel und Seehofer betonten nach der zweitägigen Tagung, geschlossen auftreten zu wollen. «Gemeinsamkeit ist schon ein hohes Gut in der Wahrnehmung der Menschen», mahnte die CDU-Chefin nach dem Streit in der Flüchtlingspolitik. Seehofer lobte: «Wir haben eine vorzügliche Kanzlerin, international wie national.»
Deutschland sei eine «Insel der Stabilität». In einer gemeinsamen Erklärung der beiden Parteien heisst es, den Menschen in Deutschland gehe es in vielen Bereichen besser als je zuvor.
Seehofer widersprach Berichten, wonach es an der CSU-Basis Unmut über eine Unterstützung für eine vierte Kanzlerkandidatur Merkels gibt. Die Differenzen in der Frage nach einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen bestünden aber weiter, betonten beiden Politiker. Dies werde im Wahlkampf auch klar angesprochen.
Rückführungen im Fokus
«Das Jahr 2015 darf sich nicht wiederholen», bekräftigte Merkel mit Blick auf die hohe Zahl von Flüchtlingen, die vor zwei Jahren nach Deutschland kamen. Sie forderte zudem, dass angesichts einer wachsenden Zahl an Asylbescheiden die Rückführungen ein wichtiges Thema werden müsse. Merkel kündigte aber an, auch im Fall eines Wahlsiegs keine Obergrenze in Deutschland einzuführen.
Dass der monatelange Streit um die Flüchtlingspolitik CDU und CSU schaden werde, glaube sie nicht. Die Schwesterparteien hätten es in den letzten Monaten wahrlich nicht leicht miteinander gehabt - nun habe sie aber das Gefühl, dass alles besprochen sei.
In der Münchner Erklärung der Union wird die innere Sicherheit stark betont. «Es ist die oberste Pflicht unseres Staates, allen Menschen in Deutschland ein Leben in Sicherheit und Freiheit zu ermöglichen.»
SPD legt in Umfragen zu
Die Debatte der Parteipräsidien war nach Teilnehmerangaben auch von den steigenden Umfragewerten des Koalitionspartners SPD und den neuen Herausforderungen etwa durch US-Präsident Donald Trump geprägt.
In einer Insa-Umfrage für die «Bild»-Zeitung lag die SPD erstmals seit Jahren mit 31 Prozent vor der Union, die auf 30 Prozent kam. Auch anderen Umfragen zufolge konnte die SPD nach der Festlegung auf Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidat kräftig zulegen. Ein Bündnis von SPD, Grünen und Linkspartei rückt wieder in den Bereich der rechnerisch möglichen Koalitionsoptionen.
Merkel und Seehofer zeigten sich dennoch optimistisch, dass die Union die Wahl gewinnen werde. «Aber der Wahlkampf wird der schwierigste, den ich erlebt habe», sagte die Kanzlerin. Dies hänge auch mit «Anfechtungen» zusammen, denen Deutschland aus dem Ausland ausgesetzt sei.
Seehofer betonte, Deutschland sei in den zwölf Jahren von Merkels Kanzlerschaft ein Hort der Stabilität geworden, in dem es den Menschen wesentlich besser gehe. Die SPD-Umfragewerte seien kein Problem. Er verwies auf frühere Wahlen, in denen die Sozialdemokraten zu Jahresbeginn vor der Union lagen und dann verloren. (sda/reu/afp)