Das trockene und sonnige Herbstwetter hat auch seine Schattenseiten: Viele Schweizer Flüsse und Seen führen wenig Wasser, die Böden sind ausgetrocknet, und die Grundwasserstände sind tief. Vereinzelt haben Gemeinden bereits dazu aufgerufen, Wasser zu sparen.
An vielen Orten auf der Alpennordseite seien die Grundwasserstände derzeit ungewöhnlich tief für Oktober und Anfang November, sagte Marc Schürch vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Auch die Quellen lieferten weniger Wasser.
Einzelne Gemeinden forderten die Bevölkerung daher zum Wassersparen auf, so Rüeggisberg im Berner Oberland, Schlatt und Wildberg im Kanton Zürich sowie Kleinlützel im Kanton Solothurn.
Grössere Engpässe beim Trinkwasser erwartet Schürch aber nicht. Mehrheitlich seien die Orte in Verbundnetzen zusammengeschlossen. «Diese Gemeinden können sich gegenseitig aushelfen.» Grosse Städte wie Zürich und Lausanne könnten zudem Trinkwasser aus dem See aufbereiten.
Höhere Kosten
In kleineren Dörfern im Mittelland und im Jura, die einzig an kleine Quellen angehängt sind, könnte es laut Schürch jedoch zu Engpässen kommen. Das BAFU empfehle den Gemeinden, sich bei der Wasserversorgung zusammenzuschliessen. «Für kleinere Gemeinden ist das aber auch eine finanzielle Frage.»
Das zeigt das Beispiel Wildberg ZH: Weil der Trinkwasserbedarf nicht mehr aus eigenen Ressourcen gedeckt werden darf, wird Wasser der Gruppenwasserversorgung Tösstal bezogen - was höhere Kosten verursacht. Wildberg bat daher die Bevölkerung, auf Vollbäder, langes Duschen und Autowaschen zu verzichten.
Weder im Kanton Zürich noch im Kanton Bern bestehen aber flächendeckende Engpässe. Bei den Grundwasservolumen im Kanton Bern sei momentan zwar überall ein sinkender Trend zu beobachten, die Werte lägen aber innerhalb der langjährigen Mittel, hiess es beim Kanton auf Anfrage. Weil seit Mai nur wenig Regen fiel, lieferten zudem manche Quellen weniger Wasser - beispielsweise in Rüeggisberg.
Weizen droht zu vertrocknen
Der fehlende Regen macht auch den Bauern zu schaffen. Die Böden in Gebieten ohne Hochnebel seien völlig ausgetrocknet, hiess es beim Bauernverband (SBV). Es bestehe die Gefahr, dass die angesäten Kulturen wie Weizen vor Wintereinbruch vertrockneten.
«Jetzt sollte es unbedingt ein paar Tage regnen, damit die Böden vor dem Frost richtig getränkt werden und der Grundwasserspiegel wieder aufgefüllt wird», so SBV-Sprecher Hans Rüssli. Wenn nicht, fehle es Mensch und Tier bald an Trinkwasser. Ausserdem brauche die Natur im Frühjahr genügend Feuchtigkeit.
Bereits im Sommer hatte der fehlende Regen manchem Bauern die Laune vermiest. Die Obst-, Kartoffel- und Zuckerrübenernten fielen geringer aus als in den Vorjahren, auch Viehfutter gab es deutlich weniger. Die Trockenheit hatte jedoch auch Vorteile: Die Felder konnten für die Ernten besser befahren werden.
Auswirkungen hat die Trockenheit auch auf die Rheinschifffahrt - die Schiffe können derzeit wegen des tiefen Pegelstandes zu weniger als der Hälfte beladen werden. «Unter dem Kiel hat es nur noch eine Handbreit Wasser», sagte Simon Oberbeck, Sprecher der Schweizerischen Rheinhäfen. Eingestellt worden sei die Schifffahrt wegen zu wenig Wasser noch nie.
So trocken wie nur alle 25 Jahre
Wie ungewöhnlich die aktuelle Trockenheit ist, zeigt ein Blick in die Statistiken von MeteoSchweiz. In Zürich fielen von Juli bis Oktober nur 189 Millimeter Regen. So wenig Niederschlag in diesen Monaten wurde in den vergangenen 152 Jahren nur sechs Mal gemessen - im Schnitt tritt eine solche Trockenheit also alle 25 Jahre auf.
Richtung Westen war die Trockenheit weniger extrem, wie MeteoSchweiz auf Anfrage schrieb. In Bern fielen von Juli bis Oktober etwas mehr als 200 Millimeter. Ähnliche tiefe Werte wurden in den vergangenen 152 Jahren zehn Mal verzeichnet. (sda)