Die Aussenminister der EU-Gründungsstaaten haben Grossbritannien zu einem baldigen Austritt aus der Gemeinschaft aufgefordert. Man respektiere das Ergebnis der Volksabstimmung in Grossbritannien für ein Verlassen der EU.
«Es muss uns jetzt die Möglichkeit gegeben werden, dass wir uns mit der Zukunft Europas beschäftigen», sagte der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier am Samstag nach einem Treffen mit seinen Kollegen aus den EU-Gründungsstaaten in Berlin.
Jetzt müssten die übrigen EU-Staaten die Möglichkeit erhalten, sich auf ihre Zukunft zu konzentrieren. Dazu müsse das Austrittsverfahren schnell in Gang kommen. Das sei eine Botschaft, die man nach London schicke. «Dieser Prozess sollte sobald wie möglich losgehen», verlangte Steinmeier.
Auch der französische Aussenminister Jean-Marc Ayrault nannte die rasche Einleitung des Austrittsverfahrens dringlich, um eine Phase der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit zu vermeiden. Der britische Premierminister David Cameron habe sich für eine Volksabstimmung entschieden und müsse nun auch die Konsequenzen daraus ziehen.
Luxemburgs Ressortchef Jean Asselborn sagte: «Ich hoffe, dass wir jetzt kein Katz-und-Maus-Spiel spielen. Das britische Volk hat entschieden. Das muss jetzt umgesetzt werden.»
Zu den EU-Gründungsstaaten gehören neben Deutschland und Frankreich auch die Benelux-Staaten und Italien. Die Aussenminister aus Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten Belgien, Niederlande und Luxemburg waren in Berlin zusammengekommen, um über die Folgen des britischen Referendums zu beraten.
Die sechs Staaten hatten 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet, die Vorläuferorganisation der EU. Zum Abschluss des Berliner Treffens ist eine gemeinsame Erklärung geplant.
Steinmeier bekräftigte, die durch das britische Ja zum EU-Austritt entstandene Situation erlaube «weder Hysterie noch Schockstarre». Die EU dürfe jetzt nicht so tun, «als seien alle Antworten schon bereit».«Wir dürfen nach der britischen Entscheidung aber auch nicht in Depression und Untätigkeit verfallen.»
Gespräche mit osteuropäischen EU-Ländern
Aus anderen Ländern, die bei dem Treffen nicht dabei sind, gibt es Kritik. Steinmeier sagte dazu, es würden in den nächsten Tagen «viele unterschiedliche Gespräche» stattfinden. «Man muss sich jetzt ein wenig zuhören und abtasten, wo die Erwartungen sind und wie gross die Spielräume sind.»
Die sechs EWG-Gründerstaaten hätten den Aufstieg Europas zu gemeinsamem Wohlstand, zu gemeinsamer Politik erlebt, sagte Steinmeier zur Begründung des Teilnehmerkreises. Es gehe jetzt darum, dass «dieses Erfolgsprojekt von Frieden und Stabilität» Bestand habe.
Steinmeier kündigte zudem an, er werde am Sonntag in Berlin den slowakischen Aussenminister Miroslav Lajcák treffen, um mit ihm die Lage in der EU zu diskutieren und ausserdem gemeinsam das Fussball-EM-Spiel Deutschland-Slowakei anzusehen.
Für Montag sei ein Gespräch mit dem tschechischen Aussenminister Lubomir Zaorálek als Vertreter der osteuropäischen Visegrad-Gruppe vorgesehen. Ziel sei, «Sensibilitäten und Erwartungen» der jeweiligen Regierungen auszuloten. (sda/dpa/afp)