Der frühere afghanische Kriegsherr Gulbuddin Hekmatjar hat sich bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit zwei Jahrzehnten für Frieden ausgesprochen. Den Kampf Aufständischer nannte er sinnlos und unrechtmässig. «Die Afghanen sind die einzigen Opfer dieses Kriegs.»
Die radikalislamischen Taliban und andere Aufständische rief Hekmatjar in seiner Rede vor Anhängern in der östlichen Provinz Laghman am Samstag auf, dem Krieg ein Ende zu setzen. Zugleich versprach Hekmatjar der afghanischen Regierung, beim Kampf gegen Aufständische zu helfen.
Präsident Aschraf Ghani begrüsste in einer Mitteilung des Präsidentenpalastes die erwartete Rückkehr Hekmatjars nach Kabul. Der Friedenspakt, den Hekmatjar und seine Gruppe Hisb-e Islami mit der Regierung im September geschlossen hatten, zeige, dass Afghanen «Konflikte mit Gesprächen» lösen könnten, sagte Ghani weiter.
Hekmatjar selbst rief seine Anhänger in der Rede dazu auf, die Regierung zu unterstützen und appellierte an die Nachbarländer, sich in den Konflikt nicht einzumischen. Ausländische Truppen könnten diesen Krieg nicht gewinnen, sagte er.
Grosse Kehrtwende
Die Rede markierte eine grössere Kehrtwende für den früheren Anführer einer der grössten Widerstandsgruppen, zu der sich Hisb-e Islami nach der US-geführten Intervention 2001 entwickelt hatte.
Hekmatjar ist auch als «Schlächter von Kabul» berüchtigt: Während des afghanischen Bürgerkriegs in den frühen 1990er Jahren liess er die Hauptstadt beschiessen. Dabei sollen Tausende Zivilisten ums Leben gekommen sein.
Nun wird erwartet, dass der 1947 geborene frühere Kriegsherr in den kommenden Tagen in der Hauptstadt Kabul eintrifft, um sich dort in den politischen Prozess einzuklinken.
Als Folge des Friedenspaktes vom September erhielten er und andere Mitglieder von Hisb-e Islami Immunität vor einer Strafverfolgung. Zudem hatten die Vereinten Nationen Hekmatjar im Februar von ihrer Sanktionsliste genommen - dies war ebenfalls eine der Vereinbarung des Paktes gewesen.
Einst von USA finanziert
Hekmatjar war in den 1980er Jahren der von Saudi-Arabien und den USA bestfinanzierte Mudschaheddin-Anführer im Kampf gegen die Sowjets in Afghanistan. Im folgenden Bürgerkrieg zwischen seiner Fraktion und anderen Mudschaheddin um die Herrschaft in Kabul kam es dann in den frühen 1990er Jahren zum Beschuss der Hauptstadt.
Nach der US-geführten Intervention 2001 in Afghanistan und dem damit verbundenen Ende der Taliban-Herrschaft entwickelte sich Hisb-e Islami zu einer der grössten Widerstandsgruppen gegen die neue afghanische Regierung und internationale Truppen.
Mehr Angriffe von Taliban
Ein Friedenspakt zwischen der Regierung in Kabul und den Taliban, der grössten Gruppe Aufständischer, kam bisher nicht zustande. Sie hatten von 1996 bis zu ihrem Sturz 2001 grosse Teile von Afghanistan kontrolliert.
Seit der Umwandlung des US-geführten Kampfeinsatzes in einen Ausbildungseinsatz und der damit verbundenen Reduzierung der Stärke der ausländischen Truppen Ende 2014 greifen sie wieder verstärkt an und haben Gebiete erobert.
Am Freitag, dem ersten Tag ihrer sogenannten Frühjahrsoffensive, nahmen sie in der Provinz Badachschan im Nordosten den Bezirk Sebak ein. Vergangene Woche hatten sie bei einem Überfall auf eine Militärkaserne in der Provinz Balch im Norden des Landes mindestens 140 Soldaten getötet. (sda/dpa)