Bundesrat Alain Berset hat am Freitag - einen Tag vor der offiziellen Eröffnung - in Venedig den Schweizer Pavillon der 57. Kunstbiennale eingeweiht. Kuratiert wurde der Beitrag «Women of Venice», der auf Alberto Giacometti verweist, von Philipp Kaiser.
In seiner Eröffnungsrede stellte der Kulturminister grundsätzliche Überlegungen zu den traditionellen Länderpavillons an: Die Frage nach der Zeitgemässheit nationaler Pavillons gehöre «seit Jahren zu den unvermeidlichen Topoi der Biennale-Debatten». Nationale Pavillons wirkten auf den ersten Blick «wie ein pathetischer und doch seltsam lahmer Gruss aus dem späten 19. Jahrhundert».
Und doch gibt es Gründe, an ihnen festzuhalten: Länderpavillons verwiesen eben gerade «auf das spannende, manchmal angespannte, aber stets dialektische Verhältnis von Staat und Kunst». Die Staaten liessen sich mit den Länderpavillons in Venedig immer wieder auf ein Experiment ein: «Man weiss nie, wer auf welche Weise das eigene Land repräsentiert.»
Den Schweizer Pavillon von Venedig könne als «künstlerischer Botschaftssitz» der Schweiz betrachtet werden, der Ort, «wo sie eine subtile Form der Diplomatie betreibt». Auch die diesjährige Ausstellung bleibe dieser Tradition treu.
Giacometti ein Schnippchen geschlagen
«Women of Venice» bringt einen Abwesenden ins Spiel: Alberto Giacometti (1901-1966), der in dem von seinem Bruder Bruno 1952 errichteten Pavillon in den Giardini nie ausgestellt hat. Seine «Femmes de Venise» stellte der Bildhauer, der sich von der Schweiz nicht vereinnahmen lassen wollte, 1956 im französischen Pavillon aus.
Mit «Women of Venice», die auf Giacomettis Figurengruppe anspielt, schlägt der von der Kulturstiftung Pro Helvetia angeheuerte Berner Kurator, der in Los Angeles lebt, dem berühmten Künstler also ein Schnippchen. Er holt ihn mit stellvertretenden, eigens für die Biennale geschaffenen Werken von Carol Bove und dem Duo Teresa Hubbard/Alexander Birchler post mortem doch noch in den Pavillon, denn die Arbeiten nehmen Elemente von Giacomettis Figurengruppe auf.
Berset nutzt seinen Venedig-Besuch zudem für ein weiteres Arbeitstreffen. Er besucht gemeinsam mit dem österreichischen Kulturminister Thomas Drozda den Schweizer sowie den österreichischen Pavillon, wie das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) am Freitag in seinem Communiqué schrieb.
Die 57. Kunstbiennale dauert bis am 26. November. (sda)