Ein spektakulärer Prozess in Russland hat Einblicke in die geheime Arbeit von kremltreuen sogenannten Troll-Fabriken geliefert. Die Aktivistin Ljudmilla Sawtschuk hatte nach ihrer Kündigung gegen den Arbeitgeber geklagt, der nach ihrer Darstellung Trolle beschäftigt.
Ein russisches Gericht gab nun einer Forderung Sawtschuks nach Schadenersatz in der symbolischen Höhe von einem Rubel (etwa 1.5 Rappen) statt, wie die Zeitung «Kommersant» am Dienstag berichtete.
Es sei ihr nicht ums Geld gegangen, sondern darum, die Existenz der Troll-Fabriken publik zu machen, sagte die 34-Jährige. «Ich bin sehr glücklich über diesen Sieg», sagte sie nach der Gerichtsentscheidung der Nachrichtenagentur AFP.
Trolle verbreiten in sozialen Netzwerken und Internetportalen Propaganda, indem sie etwa kritische Berichte westlicher Medien im Ukraine-Konflikt mit Kreml-freundlichen Kommentaren torpedieren.
Die mutmassliche Online-Propagandastelle, für die die Aktivistin gearbeitet hat, nennt sich offiziell Agentur für Internetforschung. Sawtschuk habe über mehrere Wochen Texte verfasst, die ihrer eigenen Überzeugung widersprochen hätten, um Informationen über das Unternehmen zu sammeln, erklärte Darja Suchich von der Bürgerrechtsorganisation Komanda 29, die Sawtschuk unterstützt.
Propaganda in Schichtarbeit
Sawtschuk zufolge arbeiten die Trolle in zwölfstündigen Schichten und müssen pro Tag mindestens fünf Texte schreiben sowie einen Internet-Blog mit einer erfundenen Identität unterhalten.
Für den Job, den sie über eine Anzeige im Internet gefunden hatte, wurden ihr 41'000 Rubel (612 Franken) monatlich in bar versprochen, was als attraktives Gehalt gilt. Einen Vertrag erhielt Sawtschuk nicht. Lediglich eine Klausel musste sie unterschreiben, nicht über das Unternehmen zu sprechen.
Als Trolle werden Internetnutzer bezeichnet, die durch ihre Kommentare bewusst Online-Diskussionen stören und die Atmosphäre in Chatrooms vergiften. Dadurch verzerren sie nicht nur Debatten, sondern schüren auch bewusst Konflikte unter der Internet-Nutzern. Die Aktivitäten der russischen Internet-Trolle haben schon mehrere russische Medien gezwungen, Kommentarforen auf ihren Websites zu schliessen. (sda/dpa/afp)