Die Wiedervereinigung Zyperns wird immer mehr zur Militärfrage. Darf die Türkei weiter Truppen stationieren? Wie wird die Sicherheit der Bevölkerungsgruppen sonst garantiert? Experten sollen nun verhandeln.
Der erhoffte Durchbruch bei den historischen Zypern-Verhandlungen zur Wiedervereinigung der seit mehr als 40 Jahren geteilten Insel ist zunächst ausgeblieben. Die Aussenminister der Garantiemächte Türkei, Griechenland und Grossbritannien reisten nach eintägigen Verhandlungen unverrichteter Dinge aus Genf ab.
Knackpunkt sind vor allem die 35'000 türkischen Soldaten auf Zypern, die die Sicherheit der türkisch-zyprischen Minderheit garantieren sollen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich am Freitag wenig kompromissbereit: «Dass die türkischen Soldaten sich von dort vollständig zurückziehen, kommt nicht in Frage», sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.
«Wenn so etwas in Erwägung gezogen wird, dann müssen beide Seiten ihre Truppen vollständig von dort abziehen», sagte Erdogan. Der griechische Aussenminister Nikos Kotzias vertrat hingegen die Ansicht, eine «gerechte Lösung» setze voraus, dass die «Anwesenheit von Besatzungstruppen» beendet werde. Griechenland hat ebenfalls Truppen, allerdings deutlich weniger, im südlichen Teil der Insel.
Hoffnung auf Lösung geweckt
Der griechisch-zyprische Präsident Nicos Anastasiades sagte, die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns hätten Hoffnung auf eine Lösung geweckt. «Wir haben einen Weg skizziert, der Hoffnung schafft.»
Zypern ist seit einem griechischen Putsch und einer türkischen Invasion im Nordteil 1974 geteilt. Nun soll eine Föderation mit zwei gleichberechtigten Bundesstaaten entstehen. Die türkischen Zyprer sind in der Minderheit. Sie haben Angst, von der griechischen Bevölkerungsmehrheit gegängelt zu werden.
Die griechischen Zyprer wiederum wollen keine türkischen Besatzungstruppen. Zypern ist EU-Mitglied, wenn auch die Bestimmungen bislang nur im griechischen Teil der Insel angewendet werden.
Weitere Verhandlungen am 18. Januar
Trotz der vertrackten Verhandlungen blieb der UNO-Sondervermittler für Zypern, Espen Barth Eide, optimistisch: «Wir sind glücklich mit dem, was wir bislang erreicht haben», sagte er. Konkrete Ergebnisse nannte er aber nicht. Die Verhandlungen gehen am 18. Januar in Genf auf Ebene hochrangiger Beamter weiter. Womöglich kämen die Aussenminister noch im Januar erneut zusammen.
Griechenland und die Türkei als «Mutterländer» der zyprischen Volksgruppen sowie Grossbritannien als ehemalige Kolonialmacht sind laut zyprischer Verfassung Garantiemächte. Sie haben das Recht, militärisch zu intervenieren. Ohne ihre Zustimmung lässt sich an der Sicherheitsstruktur nichts verändern. Es war das erste Mal seit der Teilung der Insel, dass alle drei Garantiemächte neben den Zyprern am Verhandlungstisch sassen.
Parallel zu den Sicherheitsfragen, die mit Vertretern der Garantiemächte ausgehandelt werden, wollen die Zyprer untereinander weiter über schwierige Fragen wie die Entschädigung von Vertriebenen, die Modalitäten der Präsidentschaft und die genaue Grenzziehung zwischen den beiden Landesteilen verhandeln. (sda/dpa/afp)