Im Berufungsverfahren gegen den ehemaligen südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius wegen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp ist am Mittwoch die letzte Zeugin befragt worden. Steenkamps Cousine Kim Martin glaubt den Aussagen von Pistorius nicht.
Kim Martin sagte vor dem Gericht in Pretoria, sie glaube, dass Pistorius in dem Prozess gelogen habe. «Alles, was wir wollten, ist die Wahrheit», sagte Martin. «Aber wir haben sie nicht bekommen, Oscar hat seine Version so oft geändert».
Martin fügte mit Blick auf den 29-jährigen Ex-Sportstar hinzu, sie habe «nicht das Gefühl, von ihm eine Entschuldigung bekommen zu haben».
Pistorius, der auf der Anklagebank Platz genommen hatte, reagierte sichtlich bewegt auf die Vorwürfe. Am Dienstag hatte Steenkamps Vater Barry vor Gericht gefordert, Pistorius solle für den Tod seiner Tochter «bezahlen».
Nach Martins Aussage hielt Pistorius' Verteidiger Barry Roux sein Plädoyer, um für seinen Mandanten eine mildere Strafe zu erreichen. Staatsanwalt Gerrie Nel dringt hingegen auf eine strenge Auslegung des Strafrechts, also eine Haftstrafe von mindestens 15 Jahren. Die Entscheidung könnte am Freitag bekanntgegeben werden.
Verkürzter Berufungsprozess
Pistorius hatte Reeva Steenkamp im Februar 2013 durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses in Pretoria erschossen. Der unterschenkelamputierte Sportler beteuerte stets, seine Freundin für einen Einbrecher gehalten und in Panik geschossen zu haben. Im Oktober 2014 wurde Pistorius in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Im Dezember vergangenen Jahres kam ein Berufungsgericht aber zu dem Urteil, dass Pistorius mit «krimineller Absicht» gehandelt habe - und sprach ihn des Mordes schuldig. Um ein neues Strafmass festzulegen, wurde das derzeitige Verfahren begonnen - ein verkürzter Prozess, in dem beide Seiten Zeugen präsentieren und ihre Argumente darlegen. (sda/afp)