Ein geplantes Treffen des deutschen Aussenministers Sigmar Gabriel mit linken Menschenrechtsorganisationen während seines Antrittsbesuchs in Israel sorgt für Wirbel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erwägt eine Absage eines Gesprächs mit Gabriel am Dienstag.
Der private Sender Channel 2 meldete, der israelische Regierungschef habe seinen Gast aus Deutschland vor die Wahl gestellt, sich mit den Menschenrechtlern oder mit ihm zu treffen. Gabriel wollte sich zu dem Bericht zunächst nicht äussern. Auch von Netanjahus Büro gab es keine Stellungnahme. Es verschickte aber einen Terminplan des Ministerpräsidenten für Dienstag, auf dem ein Treffen mit Gabriel fehlt.
Der Aussenminister hat seine Diskussionsrunde mit «Vertretern der Zivilgesellschaft» für den Nachmittag in Jerusalem geplant. Unter den Teilnehmern ist die Organisation Breaking the Silence (Das Schweigen brechen), die sich kritisch mit der israelischen Siedlungspolitik auseinandersetzt.
Sie stützt sich dabei auf Aussagen von Soldaten und Reservisten über deren Dienst in den Palästinensergebieten. Die Berichte werden anonym veröffentlicht. Auch Betselem ist zu der Gesprächsrunde mit Gabriel eingeladen, eine seit fast 30 Jahren existierende Menschenrechtsorganisation, die ebenfalls Missstände in den palästinensischen Gebieten anprangert.
Als Nestbeschmutzer gebrandmarkt
Im Februar hatte ein Treffen des belgischen Ministerpräsidenten Charles Michel mit den beiden Organisationen zu einem Eklat geführt. Israel bestellte im Anschluss den belgischen Botschafter ein und übermittelte eine Rüge. Netanjahu sprach von einem schwerwiegenden Affront.
Breaking the Silence und andere linke Organisationen werden in Israel oft als Nestbeschmutzer oder Verräter gebrandmarkt. Israel hat im vergangenen Jahr auch das umstrittene «Transparenz»-Gesetz erlassen. Danach müssen alle Organisationen in Israel, die mehr als die Hälfte ihres Geldes von ausländischen Regierungen erhalten, dies in allen ihren Veröffentlichungen ausweisen. Kritiker sagen, das Gesetz richtet sich vor allem gegen linke regierungskritische Organisationen.
Friedensgespräche neu aufleben lassen
Gabriel will bei seinem Antrittsbesuch vor allem für eine Wiederbelebung der Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern werben. Dazu will er sich in Ramallah auch mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Rami Hamdallah treffen. Präsident Mahmud Abbas ist verhindert.
Gabriel plädiert für eine «aktive Rolle» Deutschlands bei den Friedensbemühungen, die seit Jahren auf Eis liegen. Zuletzt hatte sich der damals noch amtierende US-Aussenminister John Kerry intensiv um eine Zwei-Staaten-Lösung bemüht. Die Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern scheiterten 2014. Der Nahost-Kurs der neuen US-Regierung ist noch unklar. (sda/dpa)