Flüchtlinge: Merkel besucht Flüchtlingslager in der Türkei

Flüchtlinge: Merkel besucht Flüchtlingslager in der Türkei

23.04.2016, 18:08

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat am Samstag ein Flüchtlingscamp in der Südosttürkei besucht. Vor Ort machte sie sich ein Bild von der Umsetzung des Flüchtlingspakts mit Ankara.

Merkel traf am frühen Samstagabend mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu sowie EU-Ratspräsident Donald Tusk und EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans an dem Lager in Nizip ein.

Drei Militärhelikopter begleiteten den Konvoi der Kanzlerin vom Flughafen Gaziantep. Am Lager wurden Merkel und Davutoglu von Flüchtlingen in traditioneller Tracht mit Blumen in Empfang genommen.

Die EU will mit mehreren Milliarden Euro Ankara dabei unterstützen, die Menschen gut zu versorgen und die Kinder in die Schule zu schicken. Elend und Aussichtslosigkeit in Flüchtlingslagern gilt als eine der Ursachen dafür, dass sich die Menschen weiter auf die Flucht begeben.

Das Abkommen mit der Türkei sieht die Rückführung aller Flüchtlinge und Migranten vor, die illegal aus der Türkei auf griechische Inseln übersetzen. Für jeden Syrer, der von den griechischen Inseln in die Türkei zurückgebracht wird, soll im Gegenzug einer legal und auf direktem Wege in die EU kommen können.

Kritiker fordern, dass Merkel ihren Gastgeber auch mit unbequemen Fragen nach der Lage der Menschenrechte sowie der Meinungs- und Pressefreiheit konfrontieren soll.

In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken beklagte die deutsche Regierung eine weitere Verschlechterung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei, wie die «Rheinische Post» berichtete. «Insgesamt befinden sich in der Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung momentan 29 Journalisten in Haft oder Untersuchungshaft», schreibt das Auswärtige Amt.

Erdogan macht Druck

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Davutoglu hatten die EU bereits zur Umsetzung der Visafreiheit im Zuge des Flüchtlingsabkommens mit Ankara aufgefordert.

Die Abschaffung der Visapflicht für Türken bei Reisen in den Schengen-Raum ist Teil des EU-Türkei-Pakts. Erdogan hatte zuletzt gewarnt, die Umsetzung des Pakts sei an die Gewährung der Visafreiheit gekoppelt.

Die Reise von Merkel ist ein diplomatischer Drahtseilakt: Einerseits muss Merkel Ankara beim Flüchtlingsabkommen bei der Stange halten, andererseits werden in Deutschland von ihr klare Worte zu den kontroversen Themen Menschenrechte und Meinungsfreiheit erwartet.

Hintergrund ist die Kontroverse um das Gedicht des Satirikers Jan Böhmermann über Erdogan. Ankara hatte eine Strafverfolgung Böhmermanns wegen Beleidigung ausländischer Staatschefs verlangt. Gegen den Widerstand des Koalitionspartners SPD erteilte Merkel die dazu nötige Ermächtigung. (sda/dpa/afp)

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