Aus Protest gegen Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro sind in der Hauptstadt Caracas erneut viele Menschen auf die Strasse gegangen. Nach ersten Berechnungen habe es am Samstag (Ortszeit) 160'000 Demonstranten gegeben, sagte Edinson Ferrer vom Oppositionsbündnis MUD.
Auf der wichtigsten Autobahn von Caracas waren Oppositionsanhänger zwischen Barrikaden mit Stöcken und Steinen bewaffnet, um sich gegen die Polizei zur Wehr zu setzen. In San Cristóbal im westlichen Bundesstaat Tachira gingen schätzungsweise über 40'000 Maduro-Gegner auf die Strasse. In der Stadt waren 2600 Soldaten im Einsatz, nachdem es dort eine Reihe von Plünderungen und Angriffen auf Einrichtungen von Polizei und Armee gegeben hatte.
Bei der bisher grössten Demonstration gegen den sozialistischen Staatschef Maduro waren am 19. April Hunderttausende auf die Strasse gegangen. Die rechtsgerichtete Opposition erwartete am Samstag aber noch mehr Teilnehmer.
«Je mehr Repression, desto mehr Widerstand und Kampf für Venezuela», sagte Oppositionsführer Henrique Capriles vor Beginn des Marsches zum Innenministerium in Caracas. «Bandit, Korrupter, verschwinde», schrie er an Maduro gerichtet. In einem anderen Teil der Stadt wollte der Präsident derweil Arbeiter empfangen, die ihn unterstützen.
Einmarsch der Armee
Auch in der Stadt Colonia Tovar kam es zu heftigen Ausschreitungen. Der Ort ist bis auf weiteres unter Militärkontrolle gestellt worden. Bei Protesten sei von Maduro-Gegnern ein Verwaltungsgebäude angezündet worden, berichtete das Portal «El Nacional».
«Das ist eine sehr angespannte Situation», sagte eine Mitarbeiterin des Hotels «Bergland». Das Militär sei mit zahlreichen Lastwagen angerückt und kontrolliere die Ortseingänge.
Es kam zu teils chaotischen Szenen, die Nationalgarde soll ein 13 Jahre altes Mädchen angefahren haben, das verletzt wurde. Bilder zeigten Tränengaswolken vor dem malerischen Stadttor - Colonia Tovar erinnert mit seinen Fachwerkhäusern und Einrichtungen wie dem Café «Muhstall» oder dem Hotel «Edelweiss» an den Schwarzwald. Zunächst wurde mit Strassenblockaden versucht, ein Einmarschieren des Militärs zu verhindern. Der Ort liegt etwa eine Stunde von Caracas entfernt.
Gespaltenes Land
Das südamerikanische Land ist extrem gespalten und praktisch gelähmt, die Opposition geht derzeit täglich auf die Strasse. Venezuela steht vor dem wirtschaftlichen Kollaps, Lebensmittel und Medikamente fehlen und die Inflation dürfte diese Jahr 720 Prozent nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) erreichen.
Die Opposition fordert nicht zuletzt deshalb die Amtsenthebung Maduros. Nach Ansicht des Generalsekretärs der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, können nur Neuwahlen einen Weg aus der Krise bieten.
Maduro sieht sich bereits seit Anfang April mit Massendemonstrationen konfrontiert. Bei den Protesten wurden bereits 47 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt. (sda/afp/dpa)