Teslas Tief in Europa hält an. Nach einem enttäuschenden ersten Halbjahr fallen auch die Juli-Zahlen fast durchs Band schlecht bis katastrophal aus. Es ist eine Kombination verschiedener Faktoren, die Elon Musks Traum vom führenden E-Auto-Hersteller in Europa platzen lassen: darunter sein polarisierendes Image, die zunehmende Konkurrenz durch etablierte Autohersteller und das rasante Aufkommen neuer, chinesischer E-Auto-Marken.
Der Schaden für Tesla zeigt sich besonders deutlich in den grossen EU-Automärkten: Im Juli stürzte Tesla in Grossbritannien gegenüber dem Vorjahresmonat um 60 Prozent ab. Auf der Insel wurden noch 987 Tesla-Fahrzeuge zugelassen, verglichen mit 2462 im selben Monat des Vorjahres. In Deutschland brachen die Auslieferungen um 55 Prozent auf noch 1110 Teslas ein, in Frankreich um 27 Prozent auf 1307 Auslieferungen.
Dramatisch sind die Einbussen in Schweden: minus 86 Prozent auf noch 186 ausgelieferte Teslas. Auch in weiteren wichtigen E-Auto-Märkten wie den Niederlanden (-62 %), Belgien (-58 %) und Dänemark (-52 %) sieht es nicht rosig aus. In der Schweiz lieferte Tesla laut Bundesamt für Strassen (ASTRA) im Juli noch 319 Autos aus, 10 Prozent weniger als im Vorjahresmonat.
Was die Lage für Musk ungemütlich macht: Europaweit sind die Tesla-Zulassungen im Juli um rund 40 Prozent abgesackt, obwohl E-Autos insgesamt weiter auf dem Vormarsch sind. Die populärsten E-Auto-Marken waren Volkswagen und Skoda. Besonders rasant wächst der chinesische E-Auto-Gigant BYD, der im April erstmals Teslas Auslieferungen bei vollelektrischen Autos in Europa übertraf. Vor allem deutsche und chinesische Elektroautos erobern langsam aber sicher die Strassen, nur Tesla fährt rückwärts.
Der erneute Rückgang bei Tesla erfolgte trotz der Einführung der verbesserten Version des langjährigen Verkaufsschlagers Model Y im März. Eigentlich sollte ein Facelift die Verkäufe steigern, bei Tesla verhindert es bislang lediglich einen noch stärkeren Einbruch.
Ein Hoffnungsschimmer für Musk sind die Juli-Zahlen in Norwegen und Spanien: In Norwegen stiegen die Tesla-Zulassungen um 83 Prozent auf 838 Fahrzeuge, was zum Teil auf die Einführung extrem günstiger Leasingkonditionen zurückzuführen ist. Spanien verzeichnete einen Anstieg um 27 Prozent auf 702 Einheiten.
Für den Zeitraum von Januar bis Juli lagen Teslas Auslieferungen in Europa rund 34 Prozent unter dem gleichen Vorjahreszeitraum. Im Juli setzte sich die Talfahrt ungebremst fort. Selbst mit einem Schlussspurt gegen Ende Jahr kann Tesla den Rückstand auf 2024 nicht mehr einholen. Dabei waren die Verkäufe in Europa zwischen 2023 und 2024 schon um etwa 10 Prozent oder 40'000 Einheiten zurückgegangen. Gegenüber 2023 liegt Tesla also noch deutlicher im Minus.
In Schweden hat Tesla prozentual am meisten verloren. Ein Grund für den speziell starken Einbruch könnte ein langer Konflikt zwischen Tesla und der schwedischen Gewerkschaft IF Metall sein, der sich auf das Ansehen des US-Unternehmens auswirkt.
Augenfällig ist Teslas Absatzproblem auch in Deutschland, Europas grösstem Automarkt. Vor wenigen Jahren verkaufte Tesla dort noch rund 60'000 Autos pro Jahr, nun können die Amerikaner froh sein, wenn sie 20'000 Kunden finden. Die Zahlen für das laufende Jahr liegen 58 Prozent unter dem Vorjahr, in der Schweiz wurden von Januar bis Juli 42 Prozent weniger Teslas neu zugelassen.
Kanada und Australien melden ähnlich starke Rückgänge wie Europa. Moderater, aber ebenfalls im Minus, ist Tesla in China (-12 % im Juli) und den USA, den beiden wichtigsten Märkten. In China setzen heimische Hersteller Tesla unter Druck, in den USA fallen ab Oktober staatliche Subventionen für die Elektromobilität weg, was Tesla direkt trifft.
Zusätzlich trüben fehlende neue Modelle, sinkende Verkäufe der alternden Modelle S und X und das Scheitern des Cybertrucks Teslas Aussichten ein. Musk selbst warnte die Investoren jüngst, dass dem lange erfolgsverwöhnten Unternehmen mehrere schwierige Quartale bevorstehen könnten.
Lichtblicke für Musk sind einzelne grosse Automärkte wie Japan und die Türkei, wo Tesla zuletzt stark zulegte. Der US-Konzern profitierte in der Türkei von einem erheblichen steuerlichen Vorteil, der die Preise für bestimmte Modelle, insbesondere das Model Y, sehr attraktiv machte. Der Wegfall dieses Steuervorteils dürfte die Nachfrage aber wieder normalisieren.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Tesla weltweit und insbesondere in Europa schrumpft, während der gesamte E-Auto-Markt zwar nicht durch die Decke geht, aber kontinuierlich wächst. Die Folge: Seit Jahresbeginn liegt die Aktie von Tesla 15 Prozent im Minus.
CEO Elon Musk scheint davon völlig unbeeindruckt zu sein, da er davon ausgeht, dass Tesla den Negativtrend kehren kann, sobald man in Europa das gleiche «Full-Self-Driving»-Erlebnis – also das überwachte autonome Fahren – wie in den USA anbieten könne. Neulich sagte er laut Medienberichten gegenüber Analysten, dass die strengeren Vorschriften für halbautonomes Fahren in Europa den Verkauf des Model Y erschwerten.
Zuvor machte er für die schwachen Verkaufszahlen zu Beginn des Jahres Produktionsunterbrechungen durch die Umstellung der Fertigungslinien für das erneuerte Model Y verantwortlich. Da der Abwärtstrend auch nach Anlauf der neuen Fertigung anhält, die Konkurrenz laufend grösser wird und Teslas Markenimage auf einem Tiefstand ist, gehen Analysten von weiter sinkenden Verkäufen aus. Eine Trendwende könne nur mit einem vollständig neuen, günstigeren E-Auto gelingen.
Ein Budget-Tesla ist allerdings in nächster Zeit kein Thema, da Musk voll und ganz auf Robotaxis setzt. Während andere Anbieter wie die Google-Tochter Waymo fahrerlose Taxis in mehreren Städten im Einsatz haben und rasch expandieren, kommt Tesla bislang nicht über einen Feldversuch in Austin hinaus. Zudem benötigen Teslas «autonome» Taxis bislang bei jeder Fahrt einen Mitarbeiter auf dem Beifahrersitz, der das Auto im Notfall stoppen kann.
Die Zweifel an Musks Versprechen wachsen: In jedem Jahr seit 2016 kündigte er an, dass die Technologie für Robotaxis im jeweils kommenden Jahr marktreif sei. Aktuell stellt Tesla das selbstfahrende Cybercab für 2026 in Aussicht.
Selbst Tesla-freundliche Analysten zweifeln daher daran, dass der US-Konzern den potenziell gigantischen Wachstumsmarkt Robotaxi je dominieren wird, wie Musk dies in Aussicht stellt. Wahrscheinlicher ist ein Szenario, in dem Tesla lediglich einer von vielen Robotaxi-Anbietern ist.
Mehrere Tesla-Investoren wurden schon zuvor zunehmend kritisch, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass der E-Auto-Pionier die etablierten Autohersteller nicht aus dem Markt drängen kann und inzwischen einfach einer unter vielen E-Auto-Herstellern ist.