Voraussichtlich im nächsten Jahr wird das Schweizer Stimmvolk über die Halbierungsinitiative abstimmen. Die Vorlage stammt aus dem Lager der SVP und will die Serafe-Gebühren von derzeit jährlich 335 auf 200 Franken reduzieren. Weiter sollen Unternehmen gänzlich von der Gebühr befreit werden.
Sowohl der Bundesrat als auch eine Mehrheit des Nationalrates lehnt die Halbierungsinitiative ab. Medienminister Albert Rösti senkt die Serafe-Gebühren bis 2029 jedoch schrittweise auf 300 Franken jährlich pro Haushalt. Ein Grossteil der Unternehmen wird von der Gebühr befreit.
Diese Reduktion ist für die SRG bereits einschneidend. Bis 2029 muss sie – auch wegen rückläufiger Werbeeinnahmen – 270 Millionen Franken sparen. Rund 17 Prozent des Budgets. Ende Juni verkündete Generaldirektorin Susanne Wille einen Stellenabbau im hohen dreistelligen Bereich.
Auch einzelne Sendungen fallen dem Sparzwang zum Opfer. Bekannte Formate wie das Gesellschaftsmagazin «G&G – Gesichter und Geschichten» hat SRF bereits eingestellt. Die Tagesschau-Ausgaben am Mittag und Vorabend werden durch Newsflashes ersetzt.
Ob diese Sparbemühungen ausreichen, um die Stimmbevölkerung von einem Nein zur Halbierungsinitiative zu überzeugen, wird die Abstimmung im kommenden Jahr zeigen. Würde heute über die Initiative abgestimmt, sähe es für die SRG gut aus, wie aus einer repräsentativen watson-Umfrage hervorgeht.
Gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut Demoscope führten wir vom 24. bis 28. Juli eine Erhebung zur Halbierungsinitiative durch. Es liegen 9156 ausgewertete Antworten vor, die Umfrage ist repräsentativ für die Deutschschweiz (mehr zur Methodik am Ende des Artikels).
Das sind die Ergebnisse:
Die Halbierungsinitiative hat bei der Deutschschweizer Bevölkerung einen schweren Stand. 56 Prozent der Befragten sind klar oder eher dagegen. Eine Minderheit von 44 Prozent ist klar oder eher dafür.
Was sich deutlich zeigt: Die Meinungen sind gefestigt. Keine einzige der 9156 befragten Personen wählte die Antwortoption «Weiss nicht» oder «Keine Antwort». Hinzu kommt, dass auch nur knapp jede siebte Person sich für «Eher Nein» oder «Eher Ja» entschieden hat.
Wie zu erwarten war, stösst die Halbierungsinitiative bei der Basis der SVP auf die höchste Zustimmung. 72 Prozent der Befragten, die SVP wählen, sagen Ja, 10 Prozent eher Ja. Bereits bei der FDP kippt die Zustimmung auf unter 50 Prozent: 34 Prozent sagen Ja, 14 Prozent eher Ja.
Bei den Wählenden der GLP (68 Prozent) und der Mitte (69 Prozent) ist der Nein-Anteil bereits beträchtlich.
Am höchsten ist die Ablehnung im Lager der SP mit 84 Prozent, bei den Grünen sind es 80 Prozent.
Die Teilnehmenden konnten bewerten, welchen Argumenten sie zustimmen, die gegen die Halbierungsinitiative sprechen.
Am überzeugendsten fanden sie das Argument: «Die SRG produziert Inhalte, welche auf dem freien Markt nicht finanzierbar wären». Diesem stimmten 52 Prozent der Befragten zu. Alle anderen Argumente kamen auf eine Zustimmung von unter 50 Prozent. Etwa, dass die SRG wichtig für die Demokratie ist (48 Prozent) und es sie in der aktuellen geopolitischen Lage mehr denn je braucht (46 Prozent).
Die SRG sei als Organisation viel zu aufgeblasen und könne problemlos sparen. Dieses Argument für die Reduktion der Serafe-Gebühren auf 200 Franken stiess mit 37 Prozent auf die höchste Zustimmung unter den Befragten. Bei allen anderen Argumenten liegt der Wert bei unter 30 Prozent.
Dass sich die Befragten die Serafe-Gebühren nicht leisten können, ist ebenso von klar untergeordneter Relevanz wie die Argumentation, wonach die Inhalte der SRG diejenigen von privaten Medienunternehmen konkurrieren.
Mehr als vier von zehn Befragten (42 Prozent) konsumieren täglich Inhalte der SRG. 23 Prozent tun dies mehrmals pro Woche. Daraus schliesst sich: 65 Prozent der Befragten nutzen Angebote der SRG mehrmals wöchentlich bis zu täglich.
Demgegenüber stehen 17 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die angeben, Inhalte der SRG seltener als monatlich oder nie zu konsumieren.
Aus den Umfragedaten liess sich schliessen: Je mehr eine Person SRG-Inhalte nutzt, desto geringer die Unterstützung für die Halbierungsinitiative.
Die Teilnehmenden konnten angeben, welche Medien sie konsumieren. Spitzenreiter unter den Befragten sind Onlinemedien und Newsportale – 69 Prozent konsumieren diese täglich, nur drei Prozent nie. Danach folgen Zeitungen (print und/oder online) mit einem Wert von 54 Prozent. Auf Rang 3 liegt das Radio, 42 Prozent der Teilnehmenden schalten täglich ein.
Auch Social Media (41 Prozent) und Fernsehen (40 Prozent) sind beim täglichen Medienkonsum hoch im Kurs. Fast jede fünfte befragte Person liest täglich in einem Buch. Jede zehnte hört täglich einen Podcast.
2018 wollte die «No Billag»-Initiative die Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen (damals von der Firma Billag eingetrieben) ganz abschaffen. Das Schweizer Stimmvolk lehnte die Initiative damals jedoch mit 71,6 Prozent Nein-Stimmen klar ab. Auch sämtliche Kantone sprachen sich dagegen aus.
Unter denjenigen Personen, die gemäss watson-Umfrage 2018 für die «No Billag»-Initiative stimmten, unterstützen 56 Prozent auch die Halbierungsinitiative. Die grosse Mehrheit der «No Billag»-Gegner ist auch gegen die Halbierungsinitiative (92 Prozent).
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