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SRG-Halbierungsinitiative: Die sagen SP und SVP zur Umfrage

Flavia Wasserfallen, SP (links im Bild) und Benjamin Fischer, SVP (rechts im Bild) überblenden das SRG Logo mit SRF Gebäude im Hintergrund.
SP-Wasserfallen ist gegen, SVP-Fischer für eine Reduzierung der Serafe-Gebühren.Bild: watson/keystone

Umfrage zur Halbierungsinitiative: «Eine völlig absurde Verdrehung der Diskussion»

Eine repräsentative Umfrage von watson zeigt: Eine Mehrheit der Deutschschweizer Bevölkerung lehnt die Halbierungsinitiative der SVP ab. Bei den Initianten zeigt man sich unbesorgt, die SP warnt vor der Zerschlagung der SRG.
12.08.2025, 09:3212.08.2025, 14:16
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Sieben Jahre nach der «No Billag»-Initiative, welche die Empfangsgebühren ganz abschaffen wollte, muss die SRG erneut zittern: Voraussichtlich im nächsten Jahr stimmt das Schweizer Stimmvolk über die SVP-Halbierungsinitiative ab. Diese sieht vor, die Serafe-Gebühren von 335 Franken jährlich auf 200 Franken zu reduzieren und Unternehmen ganz von der Abgabe zu befreien.

Trifft die Initiative einen Nerv in der Bevölkerung? Gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut Demoscope hat watson vom 24. bis 28. Juli eine Umfrage zur Halbierungsinitiative durchgeführt. Es lagen 9156 auswertbare Interviews vor, die Umfrage ist repräsentativ für die Deutschschweiz (mehr zur Methodik am Ende des Artikels).

Die Resultate zeigen: Die Initiative hat einen schweren Stand. Eine Mehrheit von 56 Prozent lehnt das Vorhaben der SVP (eher) ab. 44 Prozent sind (eher) dafür.

«Kalkül der SRG»

SVP-Nationalrat Benjamin Fischer, der die Halbierungsinitiative mitinitiiert hat, zeigt sich angesichts der Umfrageergebnisse unbesorgt. Auf Anfrage von watson sagt er: «Es dauert noch lange bis zur Abstimmung. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch alles offen.»

Der Nationalrat erwähnt die in den vergangenen Monaten angekündigten oder bereits umgesetzten Sparmassnahmen der SRG, welche dem Stimmvolk den Eindruck vermitteln würden, dass sich das Unternehmen bemühe. «Das ist sicher auch ein wenig Kalkül der SRG», sagt Fischer.

Benjamin Fischer, SVP-ZH, stellt eine Frage bei den Debatten ueber die Ausserordentliche Session "EMRK", waehrend der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 24. September 202 ...
SVP-Nationalrat Benjamin Fischer ist Mitinitiant der Halbierungsinitiative.Bild: keystone

Tatsächlich ist die SRG gezwungen, ihre Ausgaben zu senken. Zwar lehnt der Bundesrat die Halbierungsinitiative der SVP ab. Medienminister Albert Rösti senkt die Serafe-Gebühren bis 2029 jedoch schrittweise von 335 auf 300 Franken jährlich pro Haushalt. Zudem wird ein Grossteil der Unternehmen von der Gebühr befreit.

Die SRG muss so 270 Millionen Franken sparen – rund 17 Prozent des Budgets. Generaldirektorin Susanne Wille hat diesen Sommer einen einschneidenden Stellenabbau angekündigt. Populäre Formate wie «G&G – Gesichter und Geschichten» sind bereits eingestellt.

«Knallharte Realität»

Von Kalkül der SRG könne keine Rede sein, sagt SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen. Sie ist Co-Präsidentin der Allianz Pro Medienvielfalt, welche die Halbierungsinitiative bekämpft. Die SRG spüre die knallharte Realität der bereits sinkenden Gebühren und Werbeeinnahmen und müsse damit umgehen, auch wenn dies schmerzhaft sei. Wasserfallen betont:

«Der angekündigte Stellenabbau und die gestrichenen Sendungen zeigen, wie fest die Zitrone bereits ausgepresst ist. Man sollte nicht auch noch mit dem Vorschlaghammer dahintergehen und die SRG mit der Halbierungsinitiative weiter schwächen.»
Flavia Wasserfallen, SP-BE, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 4. Juni 2025 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Til Buergy)
Flavia Wasserfallen warnt vor einer Annahme der Halbierungsinitiative.Bild: keystone

Für Wasserfallen ist der Fall klar: «Ein Ja zur Halbierungsinitiative wäre ein Angriff auf unsere Demokratie und den kulturellen Zusammenhalt. In geopolitisch derart unsicheren Zeiten ist eine starke und unabhängige SRG, die zuverlässig berichtet, wichtiger denn je.»

Ganz anders sieht die Haltung von Fischer aus: «Die in der Verfassung festgeschriebene mediale Grundversorgung kann die SRG auch mit reduzierten Gebühren gewährleisten. Die Schweiz fällt mit 200 Franken pro Haushalt nicht auseinander.»

Private vs. SRG

Uneinigkeit herrscht zwischen den beiden Mitgliedern des Parlaments auch, was die Beziehung zwischen der öffentlich-rechtlichen SRG und privaten Medienunternehmen angeht.

Fischer verweist auf das veränderte Nutzerverhalten, gerade der jüngeren Generation. Die jungen Menschen würden immer weniger Inhalte der SRG konsumieren. Deshalb sei eine Deckelung der Gebührengelder zugunsten eines breiteren Angebots der privaten Medienunternehmen angebracht. Der SVP-Nationalrat ergänzt:

«Zu behaupten, dass nur gebührenfinanzierte Medien guten und unabhängigen Journalismus produzieren, ist eine völlig absurde Verdrehung der Diskussion.»

Wasserfallen widerspricht: «Private Medienunternehmen und die SRG stärken einander gegenseitig. Eine Schwächung der SRG führt nicht zur Stärkung der Privaten. Dies zu glauben, ist eine Illusion.»

Welche Argumente das Stimmvolk stärker überzeugen können, wird die Abstimmung im kommenden Jahr zeigen. Trotz einer leichten Mehrheit an Nein-Stimmen in der watson-Umfrage sagt Wasserfallen: «Es ist noch alles möglich. Umso wichtiger ist es, aufzuzeigen, was bei einer Annahme dieser Zerschlagungs-Initiative für uns als Land und Gesellschaft auf dem Spiel steht.»

Fischer auf der anderen Seite sagt: «Ich bin ganz entspannt und nach wie vor überzeugt, dass wir diese Abstimmung gewinnen können.»

Methodik
watson hat die Umfrage in Zusammenarbeit mit Demoscope vom 24. bis 28. Juli 2025 in deutscher und französischer Sprache durchgeführt. Aufgrund der geringen Umfragebeteiligung in der Westschweiz und der daraus resultierenden unzureichenden Datenbasis wurde die Westschweiz nicht in die Datenanalyse einbezogen. Nach erfolgter Datenbereinigung lagen 9156 auswertbare Interviews vor. Zur Korrektur des Selbstselektionsbias wurden die Daten mittels Propensity-Score-Gewichtung an eine unverzerrte Grundgesamtheit angepasst, um die Aussagekraft der Ergebnisse zu erhöhen.

Zusätzlich erfolgte eine Gewichtung basierend auf der Wahlbeteiligung vom Oktober 2023 sowie den Abstimmungsresultaten zur Vorlage «No Billag» aus dem Jahr 2018. Unter der Annahme einer Zufallsstichprobe beträgt der maximale Fehlerbereich für Prozentangaben +/– 1 Prozent. Die Umfrage wurde online auf watson.ch und watson.ch/fr durchgeführt.
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quelle: keystone / til buergy
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Das sagt Generaldirektorin Susanne Wille zu den Sparmassnahmen bei der SRG
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259 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amadeus
12.08.2025 09:44registriert September 2015
Richtig, die Schweiz würde nicht auseinanderfallen. Aber wir laufen Gefahr, ein Amerikanisches Mediensystem zu intallieren. Mit billig produzierten, seichten und ideologischen Inhalten, welche alle 10min von Werbung unterbrochen werden. Wenn ich gute, ausbalancierte und hochwertige Formate sehen will, schaue ich SRF.
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kdeana
12.08.2025 09:59registriert Oktober 2014
ich nutze viel SRF-Content und bin auch bereit zu bezahlen. warum man aber eine firma namens Serafe bezahlen muss und es nicht via steuererklärung abrechnet, bleibt ein grosses rätsel… da müsste man wohl ansetzen
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Wolf von Sparta
12.08.2025 09:50registriert Februar 2019
Die Halbierung der SRG-Gebühren mag auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, um die finanzielle Belastung der Bevölkerung zu senken. Doch dadurch droht der Verlust eines unabhängigen und vielfältigen öffentlich-rechtlichen Mediums, das wichtige demokratische Funktionen erfüllt – wie ausgewogene Berichterstattung, Förderung von Minderheiten und kulturelle Vielfalt. Eine starke SRG ist zentral für eine gut informierte Gesellschaft und eine funktionierende Demokratie. Deshalb sollte bei der Entscheidung die Qualität und Unabhängigkeit der Medien genauso stark gewichtet werden wie die Kosten!
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