Sieben Jahre nach der «No Billag»-Initiative, welche die Empfangsgebühren ganz abschaffen wollte, muss die SRG erneut zittern: Voraussichtlich im nächsten Jahr stimmt das Schweizer Stimmvolk über die SVP-Halbierungsinitiative ab. Diese sieht vor, die Serafe-Gebühren von 335 Franken jährlich auf 200 Franken zu reduzieren und Unternehmen ganz von der Abgabe zu befreien.
Trifft die Initiative einen Nerv in der Bevölkerung? Gemeinsam mit dem Sozialforschungsinstitut Demoscope hat watson vom 24. bis 28. Juli eine Umfrage zur Halbierungsinitiative durchgeführt. Es lagen 9156 auswertbare Interviews vor, die Umfrage ist repräsentativ für die Deutschschweiz (mehr zur Methodik am Ende des Artikels).
Die Resultate zeigen: Die Initiative hat einen schweren Stand. Eine Mehrheit von 56 Prozent lehnt das Vorhaben der SVP (eher) ab. 44 Prozent sind (eher) dafür.
SVP-Nationalrat Benjamin Fischer, der die Halbierungsinitiative mitinitiiert hat, zeigt sich angesichts der Umfrageergebnisse unbesorgt. Auf Anfrage von watson sagt er: «Es dauert noch lange bis zur Abstimmung. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch alles offen.»
Der Nationalrat erwähnt die in den vergangenen Monaten angekündigten oder bereits umgesetzten Sparmassnahmen der SRG, welche dem Stimmvolk den Eindruck vermitteln würden, dass sich das Unternehmen bemühe. «Das ist sicher auch ein wenig Kalkül der SRG», sagt Fischer.
Tatsächlich ist die SRG gezwungen, ihre Ausgaben zu senken. Zwar lehnt der Bundesrat die Halbierungsinitiative der SVP ab. Medienminister Albert Rösti senkt die Serafe-Gebühren bis 2029 jedoch schrittweise von 335 auf 300 Franken jährlich pro Haushalt. Zudem wird ein Grossteil der Unternehmen von der Gebühr befreit.
Die SRG muss so 270 Millionen Franken sparen – rund 17 Prozent des Budgets. Generaldirektorin Susanne Wille hat diesen Sommer einen einschneidenden Stellenabbau angekündigt. Populäre Formate wie «G&G – Gesichter und Geschichten» sind bereits eingestellt.
Von Kalkül der SRG könne keine Rede sein, sagt SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen. Sie ist Co-Präsidentin der Allianz Pro Medienvielfalt, welche die Halbierungsinitiative bekämpft. Die SRG spüre die knallharte Realität der bereits sinkenden Gebühren und Werbeeinnahmen und müsse damit umgehen, auch wenn dies schmerzhaft sei. Wasserfallen betont:
Für Wasserfallen ist der Fall klar: «Ein Ja zur Halbierungsinitiative wäre ein Angriff auf unsere Demokratie und den kulturellen Zusammenhalt. In geopolitisch derart unsicheren Zeiten ist eine starke und unabhängige SRG, die zuverlässig berichtet, wichtiger denn je.»
Ganz anders sieht die Haltung von Fischer aus: «Die in der Verfassung festgeschriebene mediale Grundversorgung kann die SRG auch mit reduzierten Gebühren gewährleisten. Die Schweiz fällt mit 200 Franken pro Haushalt nicht auseinander.»
Uneinigkeit herrscht zwischen den beiden Mitgliedern des Parlaments auch, was die Beziehung zwischen der öffentlich-rechtlichen SRG und privaten Medienunternehmen angeht.
Fischer verweist auf das veränderte Nutzerverhalten, gerade der jüngeren Generation. Die jungen Menschen würden immer weniger Inhalte der SRG konsumieren. Deshalb sei eine Deckelung der Gebührengelder zugunsten eines breiteren Angebots der privaten Medienunternehmen angebracht. Der SVP-Nationalrat ergänzt:
Wasserfallen widerspricht: «Private Medienunternehmen und die SRG stärken einander gegenseitig. Eine Schwächung der SRG führt nicht zur Stärkung der Privaten. Dies zu glauben, ist eine Illusion.»
Welche Argumente das Stimmvolk stärker überzeugen können, wird die Abstimmung im kommenden Jahr zeigen. Trotz einer leichten Mehrheit an Nein-Stimmen in der watson-Umfrage sagt Wasserfallen: «Es ist noch alles möglich. Umso wichtiger ist es, aufzuzeigen, was bei einer Annahme dieser Zerschlagungs-Initiative für uns als Land und Gesellschaft auf dem Spiel steht.»
Fischer auf der anderen Seite sagt: «Ich bin ganz entspannt und nach wie vor überzeugt, dass wir diese Abstimmung gewinnen können.»