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Schweiz

Roche und Novartis verlagern Pharma-Produktion in die USA

Blick auf den Rhein mit Ruderbooten und auf Basel mit den Roche-Tuermen von der Kraftwerkinsel aus in Birsfelden, am Montag, 18. Juli 2022. (KEYSTONE/Georgios Kefalas).
Die Roche-Türme in Basel: Der Hauptsitz der Firma sollen im Gegensatz zur Produktion nicht angetastet werden.Bild: KEYSTONE

Roche und Novartis verlagern Pharma-Produktion in USA – Schweizer Arbeitsplätze bedroht

Die Schweizer Pharma-Grosskonzerne verlagern einen grossen Teil ihrer Produktion in die USA, um Donald Trumps Zöllen zu entkommen. Trotz Beteuerungen der Konzerne stehen damit Schweizer Arbeitsplätze auf dem Spiel.
10.08.2025, 06:2910.08.2025, 13:37

Donald Trump unterwirft die Weltwirtschaft mit seinen Zöllen massivem politischem Druck. Dass das mittelfristig aufgeht, ist nach Ansicht vieler Experten fraglich – doch kurzfristig kann der US-Präsident durchaus Erfolge verbuchen. So haben viele Konzerne bereits angekündigt, mehr in die USA zu investieren und gar die Produktion ihrer Waren nach Übersee zu verlagern – so auch die Schweiz Pharmariesen Roche und Novartis.

Wie die «NZZ» berichtet, plant Roche in den USA künftig zum Nettoexporteur zu werden. Das heisst, die Basler Firma will mehr Medikamente in den USA produzieren, als das Land selbst überhaupt braucht – der Überschuss soll künftig von dort aus exportiert werden. Mit der US-Tochter Genentech verfügt Roche bereits über eine umfassende und funktionierende Infrastruktur in den Staaten. Mit Investitionen von über 50 Milliarden Franken will die Schweizer Firma die US-Produktion künftig «signifikant erhöhen».

In eine ähnliche Richtung geht Novartis. Der ebenfalls in Basel beheimatete Konzern will künftig «100 Prozent der wichtigsten Medikamente» ebenfalls in den USA produzieren und damit den Export aus anderen Ländern – allen voran aus der Schweiz – in die Vereinigten Staaten praktisch auf den Nullpunkt absenken.

Diese Massnahmen werden – sofern sie wie angekündigt umgesetzt werden – das von Trump monierte Handelsbilanzdefizit mit der Schweiz massiv verkleinern, weil der US-Export von Medikamenten einen beträchtlichen Teil der Schweizer Ausfuhren ausmacht. Doch ebenso wahrscheinlich ist, dass die Verlagerung die Schweizer Wirtschaft unter Druck setzt.

Roche und Novartis bekräftigen gegenüber der «NZZ», dass die US-Verschiebung keine grossen Folgen für den Standort Schweiz haben werde. Man rechne damit, dass die Zahl der Mitarbeitenden im laufenden Jahr insgesamt stabil bleibe. «Wir haben Milliarden von Schweizer Franken in unsere Aktivitäten in der Schweiz und Europa investiert und werden dies auch weiterhin tun», sagte Roche als Reaktion auf den «NZZ»-Bericht gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Dennoch sind hierzulande etwa 10'000 Personen in der Medikamentenproduktion beschäftigt. Die EU und andere Teile der Welt sollen zwar weiterhin mit in der Schweiz produzierten Medikamenten beliefert werden, doch die Rechnung ist einfach: Wird anderswo mehr produziert, braucht es weniger Kapazitäten in der Schweiz.

Andere Bereiche wie Forschung und Entwicklung (etwa 11'000 Angestellte) sowie die Verwaltungs- und Marketingarbeit der Konzerne (30'000 Angestellte) sollen laut den Firmen in der Schweiz erhalten bleiben.

Die Schweizer Regierung ist sich der Bedeutung der Pharmakonzerne für die hiesige Wirtschaft und der angespannten Lage bewusst. Wie der «SonntagsBlick» schreibt, wollen sich Gesundheitministerin Elisabeth Baume-Schneider und Wirtschaftsminister Guy Parmelin nach den Sommerferien zu einem Krisengipfel mit den Bossen von Roche und Novartis treffen.

Bundesrat Guy Parmelin, links, und Bundesraetin Elisabeth Baume-Schneider, rechts, laufen am Bundeshaus entlang, am Dienstag, 18. Juni 2024 in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bald soll es ein Gipfeltreffen der Pharma-Bosse mit Guy Parmelin und Elisabeth Baume-Schneider geben.Bild: keystone

Doch auch hierzulande gibt es Interessenkonflikte zwischen Politik und Wirtschaft. Während der Bundesrat verhindern will, dass die Schweizer Gesundheitskosten (und damit die Krankenkassenprämien) noch weiter steigen, pochen die Pharmakonzerne genau darauf. Um Forschung und Entwicklung und die wirtschaftlichen Risiken zu finanzieren, fordern sie seit langem «angemessenere» (=höhere) Medikamentenpreise.

Ob die Rechnung für die Pharma-Multis aufgeht, ist aber ebenso fraglich, wie jene von Donald Trumps Zollpolitik. Kurzfristig vermögen die Firmen mit ihrer US-Produktionsverlagerung zwar die von Trump angedrohten wahnwitzig klingenden 250-Prozent-Zölle auf Pharmaprodukte zu umgehen (aktuell ist die Branche noch ausgenommen), doch in den Staaten droht weiteres Ungemach: Trump hat klargemacht, dass die Medikamentenpreise in den USA massiv sinken sollen – also das Gegenteil dessen, was die Pharmafirmen gerne in der Schweiz hätten.

Trump droht, wie bei den Zöllen, auch bei den Medikamentenpreisen mit radikalen Massnahmen, die Preise sollen auf das Niveau anderer Industrieländer und teils darunter abstürzen. Sollten die Firmen mittels politischer Einflussnahme dazu verdonnert werden, die Preise derart zu senken, hätte das unweigerlich wirtschaftliche Folgen für diese. (con)

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311 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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International anerkannter Experte für ALLES
10.08.2025 06:52registriert Juli 2021
Die Millionäre an der Spitze dieser Konzerne haben ganz schön kleine Eier, dafür dass sie ihr Gehalt mit Verantwortung rechtfertigen…
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Garp
10.08.2025 06:52registriert August 2018
Den Grossfirmen geht es nur um den maximalen Profit. Das Land in dem sie gross wurden ist ihnen egal und sie fühlen sich nicht gebunden.
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Celtic Swiss
10.08.2025 06:47registriert Juni 2024
Dort der MAGA-Bully, dann die Massenmörder und Kriegsverbrecher unweit von hier.

Wo zum Geier sind die guten, ehrlichen und verantwortungsvollen Menschen (geblieben)?
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