Angriff auf Hilfskonvoi in Syrien könnte Kriegsverbrechen sein

Angriff auf Hilfskonvoi in Syrien könnte Kriegsverbrechen sein

20.09.2016, 06:28

Die Vereinten Nationen haben mit Abscheu und Fassungslosigkeit auf einen tödlichen Luftangriff auf einen von ihr organisierten Hilfskonvoi in Syrien reagiert. UNO-Vertreter zeigten sich «enorm empört» und rückten den Angriff in die Nähe eines Kriegsverbrechens.

Sollte sich der Angriff vorsätzlich gegen die Helfer gerichtet haben, «dann läuft dies auf ein Kriegsverbrechen hinaus», sagte der Chef der UNO-Hilfseinsätze, Stephen O'Brien, am Montag in New York. Der UNO-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, brachte seine «enorme Empörung» über den Vorfall zum Ausdruck.

Die UNO-Vertreter betonten, dass der Konvoi der LKWs mit Hilfsgütern für die Region Aleppo in intensiven Verhandlungen mit den dortigen Kriegsparteien vorbereitet worden und klar als humanitärer Transport gekennzeichnet gewesen sei.

Es gebe «keine Erklärung und keine Entschuldigung, keinen Grund und keine Rechtfertigung dafür, Krieg gegen tapfere und selbstlose humanitäre Helfer zu führen», sagte O'Brien. Er forderte eine Untersuchung.

Appell an Russland

Die USA richteten derweil Vorwürfe an Moskau und Damaskus. Als Verantwortliche für den Angriff auf den Konvoi kämen nur die Luftwaffe der syrischen Regierung oder deren Verbündeter Russland in Frage, sagten hochrangige Vertreter des US-Aussenministeriums.

«Russland steht nun in der Pflicht, schnell und nachdrücklich zu demonstrieren, dass es sich dem Friedensprozess verpflichtet fühlt», sagte einer der US-Vertreter. «Die Russen haben die Verantwortung, selbst solche Aktionen zu unterlassen, aber sie haben auch die Verantwortung, das Regime davon abzuhalten.» Der Angriff sei ein schwerer Schlag für die Friedensbemühungen.

Angeblich zwölf Tote

Der UNO zufolge wurden am Montag mindestens 18 Lastwagen mit Hilfsladungen bei Angriffen in Orum al-Kubra westlich von Aleppo beschädigt. Sie gehörten zu einem Konvoi von 31 Fahrzeugen der UNO sowie des Syrischen Roten Halbmonds, die 78'000 Menschen in Orum al-Kubra versorgen wollten.

Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden zwölf Mitarbeiter des Roten Halbmonds und Fahrer der Lastwagen getötet. Die UNO wollte diese Bilanz zunächst nicht bestätigen.

UNO-Vertreter O'Brien sagte, bei dem Angriff seien auch ein Lagerhaus des Roten Halbmonds sowie eine Klinik getroffen worden. Der Konvoi habe Güter für «dringend hilfsbedürftige Menschen» an Bord gehabt.

Russland und die USA hatten in der vergangenen Woche eine Waffenruhe für Syrien ausgehandelt. Diese wurde am Montag aber von der syrischen Armee für beendet erklärt.

Versagen der Weltgemeinschaft

Vor dem für Dienstag geplanten Treffen der internationalen Syrien-Unterstützergruppe in New York warf die syrische Opposition der Weltgemeinschaft Versagen vor. «Die Welt begnügt sich damit, zuzusehen ohne einzuschreiten», sagte der Koordinator des oppositionellen Hohen Verhandlungskomitees (HNC), Riad Hidschab, am Montag in New York.

Nach der Aufkündigung der Waffenruhe durch die syrische Armee gehe das Blutvergiessen unvermindert weiter, klagte Hidschab. «Russland und der Iran vergiessen syrisches Blut, das Regime bombardiert Spitäler, es wirft tausende Fassbomben und andere geächtete Bomben ab - und die Welt schaut zu.» Die Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats seien alle «vergeblich» gewesen.

Insgesamt wurden bei neuen Luftangriffen in der Provinz Aleppo am Montagabend nach Angaben der Aktivisten von der Beobachtungsstelle 32 Zivilisten getötet, darunter sechs Menschen in der Stadt Aleppo.

Das russische Militär, das die syrische Führung unterstützt, erklärte, die Aufständischen hätten einen Grossangriff auf Stellungen ausserhalb von Aleppo gestartet, die von der Regierung gehalten werden. Darauf hätten die Regierungstruppen mit «massiver Artillerie» reagiert. Auch die syrische Armee wirft den Aufständischen vor, die Waffenruhe nicht eingehalten zu haben. (sda/afp)

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