Tetris mildert Trauma-Symptome bei Müttern nach Not-Kaiserschnitt

Tetris mildert Trauma-Symptome bei Müttern nach Not-Kaiserschnitt

26.04.2017, 15:20

Tetrisspielen vermindert posttraumatischen Stress bei Frauen, die einen Not-Kaiserschnitt durchlebt haben. Laut einer Studie des Unispitals Lausanne (CHUV) halfen bereits 15 Minuten dieses Computerspiels innerhalb von sechs Stunden nach der Operation.

Bei etwa 15 Prozent der Geburten jedes Jahr muss ein Notfall-Kaiserschnitt durchgeführt werden. Selbst wenn das Kind dabei lebend zur Welt kommt: Jede dritte Mutter entwickelt eine posttraumatische Belastungsstörung im Monat nach der Geburt, weil das Leben ihres Kindes oder ihr eigenes bedroht war. Typisch sind Albträume und sogenannte Flashbacks - plötzlich aus dem Nichts wiederkehrende Erinnerungen.

Helfen könnte Ablenkung in den ersten Stunden nach der Entbindung, wie Forschende um Antje Horsch vom CHUV im Fachblatt «Behaviour Research and Therapy» berichten. Und zwar mit Tetris: Mütter, die im Zuge einer Studie nach dem Not-Kaiserschnitt das Computerspiel spielten, hatten eine Woche nach der Geburt weniger Albträume und Flashbacks als solche, die nicht auf diese Weise abgelenkt wurden.

An der Studie nahmen 56 Mütter teil: Die eine Hälfte spielte im Aufwachraum - meist mit ihrem Baby auf der Brust - für 15 Minuten das Computerspiel, die andere nicht, wie das CHUV am Mittwoch mitteilte.

Langfristige Belastung

Die psychischen Folgen eines Notfall-Kaiserschnitts seien nicht nur für die Mutter und ihren Partner belastend, sondern könnten auch die Bindung zwischen Mutter und Kind beeinträchtigen, den elterlichen Stress erhöhen und die künftige Entwicklung des Kindes beeinflussen, schrieb das CHUV.

Horsch und ihre Kollegen aus Schweden und Grossbritannien stützen sich bei ihrer Studie auf die «Kognitionswissenschaft des emotionalen Gedächtnisses». Bereits in früheren Studien hatte sich gezeigt, dass Tetrisspielen die Erinnerung an verstörende Filmszenen reduzierte.

«Unsere Hypothese war, dass Mütter nach der traumatischen Geburt weniger intrusive Erinnerungen haben, wenn sie im Aufwachraum der Entbindungsstation Tetris spielten - ein räumlich-visuell anspruchsvollen Spiel», so die Forscherin.

Ablenkung verhindert das Abspeichern

Diese knifflige Aufgabe sollte der Theorie zufolge verhindern, dass sich die Erinnerungen manifestieren: Die Ablenkung störe den Speicherungsprozess und insbesondere das «Konsolidieren» der Erinnerung, so Horsch.

Die nun vorgestellten Ergebnisse sprechen dafür, dass die Ablenkung zumindest während der ersten Woche nach der Geburt hilft, Stresssymptome zu mildern. Dies sei eine wichtige Zeit, in der sich die Mutter-Kind-Bindung etabliere, schreiben die Forschenden in ihrem Fachartikel.

Einen Monat nach der Geburt stellten die Wissenschaftler jedoch keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Studiengruppen fest. Da die Zahl der Studienteilnehmerinnen klein war, müsse die langfristige Wirkung des Tetrisspielens gegen posttraumatischen Stress in einer grösser angelegten Studie genauer untersucht werden, halten die Wissenschaftler in ihrem Artikel fest.

Könnte auch nach Herz-OP helfen

Horsch hat laut CHUV-Mitteilung vom Schweizerischen Nationalfonds ein Stipendium erhalten, um den langfristigen Effekten des Tetrisspielens nach Not-Kaiserschnitten weiter nachzugehen. Sollte sich die Herangehensweise bewähren, könnte sie allenfalls auch nach anderen belastenden Erlebnissen helfen - beispielsweise nach einer Herz-Operation.

Bei dem Spiel Tetris geht es darum, verschieden geformte, «fallende» Blöcke unter Zeitdruck so zu drehen und zu platzieren, dass sie komplette Reihen bilden. Vollständige Reihen verschwinden und die Spielerin erhält Punkte. Ziel ist, die sich aufstapelnden Blöcke nie den oberen Bildschirmrand erreichen zu lassen. (sda)

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