Vier Jahre nach ihrem Tod setzt eine Dokumentation der Sängerin Amy Winehouse ein Denkmal. Der britische Regisseur Asif Kapadia («Senna») zeigt nicht nur ihre Eskapaden und Skandale, sondern auch die private Winehouse.
Der dicke Lidstrich um die Augen war ihr Markenzeichen. Ebenso wie die üppig auftoupierte Beehive-Hochsteckfrisur. Und natürlich ihre Stimme. Diese kraftvolle, einfühlsame und bebende Stimme, die Hits sang wie «Back to Black» und «Rehab».
Amy Winehouse war eines der grössten Musiktalente ihrer Generation, sie gewann zahlreiche Grammys und ihre Songs dominierten lange die internationalen Charts. Doch dann beherrschte die Soulsängerin die Schlagzeilen immer mehr mit ihren Drogen- und Alkoholeskapaden. 2011 starb sie mit nur 27 Jahren in London an einer schweren Alkoholvergiftung.
Dem eigenen Umfeld schutzlos ausgeliefert
In «Amy» mixt Regisseur Asif Kapadia private, bisher unveröffentlichte Aufnahmen der jungen Winehouse mit späteren Fernsehauftritten und unterlegt dies mit aktuellen Interviews ihrer Wegbegleiter. Er zeigt ihren Aufstieg, ihre ersten Auftritte als Jugendliche, ihren internationalen Durchbruch, aber auch ihren Fall.
Dabei kommt er natürlich nicht um ihre Bulimie und die Drogensucht herum - sowie die zahlreichen fragwürdigen Entscheidungen wie bei der Wahl ihres Mannes Blake Fielder-Civil, ihres Managers und dem Einfluss, den sie ihrem Vater gewährte.
Unsicherheiten, der Hang zur Selbstzerstörung, Ausnutzung durch andere, der Druck durch die Medien: die Gründe für Amys fatalen Absturz werden auf zwei Stunden komprimiert mehr als klar. Kapadia bezieht bei all dem zwar keine klare Position, sondern lässt unterschiedliche Seiten zu Wort kommen. Und doch entsteht der Eindruck, dass Winehouse ein Opfer war, zu vielem gedrängt wurde und besser hätte geschützt werden müssen.
«Amy» verstärkt das Gefühl von Verlust
Amys Vater Mitch soll - obwohl er für Interviews zu der Doku zur Verfügung stand - nicht mit dem finalen Werk einverstanden sein. Immerhin kritisieren einige Freunde der Sängerin im Film wiederholt, dass er seiner Tochter nicht ausreichend aus der Drogensucht geholfen, sondern sie stattdessen immer wieder in die Öffentlichkeit gezerrt habe.
Regisseur Kapadia gelingt es allerdings auch, das aus den Medien hinlänglich bekannte Bild zu ergänzen. Musikerkollegen etwa erzählen von einer begeisterten Jazzmusikerin, für die ihre Songs wie «Back to Black» Ausdruck intimster Emotionen waren. Vor allem aber zeigt Kapadia die private Amy Winehouse, eine lebenslustige, humorvolle, charismatische und unfassbar talentierte junge Frau.
So erinnern sich enge Freunde an eine freche, sehr herzliche Amy mit einer durchdringenden Lache. Genau diese Bilder bleiben am Ende dann auch in Erinnerung - und machen den Verlust umso mehr deutlich. (sda/dpa)