Die griechischen Behörden haben mit der Räumung des wilden Flüchtlingslagers von Idomeni begonnen. Einheiten der Bereitschaftspolizei sperrten das Lager am frühen Dienstagmorgen weiträumig ab.
«Es werden bereits die ersten Zelte abgebaut. Alles läuft nach Plan», sagte der Sprecher des Stabes für die Flüchtlingskrise, Giorgos Kyritsis, der Nachrichtenagentur dpa. «Die Aktion wird mehrere Tage dauern. Es wurde bislang keine Gewalt angewendet», sagte er weiter. Die Evakuierung lief auch Medienberichten zufolge ruhig und ohne Gewaltanwendung an.
Die Flüchtlinge, die seit Monaten unter für Menschen unwürdigen Zuständen vor dem mazedonischen Grenzzaun ausharren und auch eine wichtige Bahnlinie sperren, sollen innerhalb Griechenlands verteilt werden, 6000 Aufnahmeplätze stehen für sie bereit. Die meisten Menschen sollen zunächst in neue Auffanglager bei Thessaloniki gebracht werden - etwa 80 Kilometer südlich von Idomeni.
Das griechische Staatsfernsehen (ERT) zeigte am Morgen erste Videoaufnahmen aus dem Lager. Flüchtlinge sammelten ihr Hab und Gut und stiegen in Busse ein. Ein ruhiges Bild ergab sich auch aus Fernsehaufnahmen, die von der mazedonischen Seite der Grenze aus gedreht wurden. Polizisten sprachen mit Flüchtlingen, Busse standen bereit.
Die Sondereinheiten der griechischen Bereitschaftspolizei waren auf diesen Bildern nicht zu sehen. Erste Busse verliessen Idomeni noch am Morgen. Reporter zählten zunächst neun Busse. Die Flüchtlinge winkten ihnen aus den Bussen zu.
Beim ersten Tageslicht war ein Helikopter der Polizei aufgestiegen. Er solle Bilder direkt in die Einsatzzentrale schicken, hiess es aus Polizeikreisen. «Wir dürfen nicht ins Lager. Ich sehe mehrere Busse der Bereitschaftspolizei, die in die Richtung des Lagers fahren», sagte ein Fotograf der dpa vor Ort.
1400 Polizisten
An der Aktion nehmen nach Berichten griechischer Medien rund 1400 Polizisten teil. Die Behörden begleiten mehrere Übersetzer, die den Menschen in der eigenen Sprache erklärten, sie müssen geordnet in Busse steigen, um anschliessend in die Auffanglager im Landesinneren zu fahren, berichtete das Staatsradio unter Berufung auf die Polizei.
Am Vortag hatten Augenzeugen dutzende Flüchtlinge beobachtet, die das Lager von Idomeni verliessen, um sich offenbar in der Region zu verstecken. Aktivisten hatten sie über die bevorstehende Räumungsaktion informiert. Andere Flüchtlinge, in ihrer Mehrheit Familien, fuhren freiwillig in andere Lager.
In Idomeni hatte sich nach der schrittweisen Schliessung der Balkanroute im Februar und dem Bau eines Zauns seitens Mazedoniens ein wildes Lager gebildet. Bis zu 15'000 Menschen harrten im März in der Region aus. Sie hofften, dass die Balkanroute wieder aufgemacht wird, damit sie nach Mittel- und Nordeuropa weiterreisen können.
Medien berichteten von Drogenhandel und Prostitution in dem - wie sie es nannten - «Ghetto» von Idomeni. Zudem sperren radikalisierte Migranten die wichtige Eisenbahnverbindung Griechenlands nach Norden. Mehr als 300 Güterwaggons sind auf beiden Seiten der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien steckengeblieben. (sda/dpa/afp)