Ein weltweit einmaliger Klang-Event wird am 21. August in St. Gallen zu hören sein. Alle 118 Kirchenglocken der Stadt läuten zu einem Konzert. Möglich machen dies zwei Musiker, 50 Freiwillige und ausgeklügelte Computertechnik.
Am Sonntag, 21. August, zwischen 14.35 und 15.10 Uhr läuten alle 118 Glocken der 29 St. Galler Kirchtürme auf einmal. Zu hören sein wird jedoch nicht einfach flächendeckendes Glockengeläut, sondern ein richtiges Konzert. Das Projekt ist weltweit einzigartig: Noch nie wurden wurden in einer Stadt alle Kirchenglocken orchestriert zum Klingen gebracht.
«Zusammenklang» - so heisst der ungewöhnliche Event - ist auf die Initiative der Komponistin Natalija Marchenkova Frei und des Musikers Karl Schimke entstanden. Marchenkova stammt aus Russland, Schimke aus den USA. Beide leben seit einigen Jahren in St. Gallen und hatten unabhängig voneinander die Idee, die vielen Kirchglocken der Stadt zusammen erklingen zu lassen. Ein gemeinsamer Bekannte brachte sie zusammen.
Die beiden Künstler planten den Event von langer Hand und suchten Freiwillige, die auf die Kirchtürme steigen und die Glocken am 21. August zum Klingen bringen. Dem Aufruf folgten 50 Helfer, die sorgfältig auf ihre Aufgaben vorbereitet werden. Möglich mache das 100'000 Franken teure Projekt jedoch erst die moderne Computertechnologie, sagte Schimke der Nachrichtenagentur sda.
«Unvergessliches Erlebnis»
Das eigentliche Konzert, das eine halbe Stunde dauern wird und aus verschiedenen Abschnitten besteht, sei nur an einem zentralen Hörort koordiniert zu hören. Dieser befindet sich auf einer Wiese unterhalb des Bades «Dreilinden». An jedem anderen Punkt der Stadt töne das Glockenkonzert anders. Das Erlebnis werde auf jeden Fall unvergesslich sein, verspricht Schimke.
Die Stadt St.Gallen erstreckt sich über 16 Kilometer und liegt zwischen zwei Hügeln. «Bis der Klang der Glocken den zentralen Hörort erreicht, können bis zu 20 Sekunden vergehen», erklärt Schimke. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Reaktionszeiten der freiwilligen Glockenspieler hätten ebenfalls Einfluss auf den Klang. Hier setze die Steuerungssoftware einer ortsansässigen Softwarefirma an, welche die Spezialisten kostenlos für das Projekt entwickelt haben.
Klangarchiv angelegt
Vor dem Konzert wurde ein Klangarchiv mit allen Glocken aufgenommen. Die Kirchenglocken der 29 Kirchen und Kapellen der Stadt bestehen insgesamt aus 150 Tonnen Bronze und unterscheiden sich in Grösse und Klang. Die kleinste Glocke wiegt 25, die grösste 7500 Kilogramm. Die Glocken erklingen vom tiefen E in der St.Galler Kathedrale bis zum hohen As in der Maria Einsiedeln Kapelle.
Zwei Oktaven können vollständig mit den Glocken gespielt werden, darüber hinaus fehlen jedoch einige Töne. «Für die Komposition war dies eine Herausforderung», sagte Schimke. Seine Künstler-Kollegin und er hätten aber auf zahlreiche unterschiedliche Klangfarben der Glocken zurückgreifen können. Diese wechseln zwischen dumpf und wuchtig und metallen und klar.
Anweisung per Smartphone
In vier Kirchen werden die Glocken computergesteuert zum Klingen gebracht. Die Techniker bauen in diesen Fällen Minicomputer als Schnittstelle ein. Andere Glocken werden mit einem Fall-Schlag-Hammer manuell angeschlagen.
Die freiwilligen Mitwirkenden des Projekts erhalten auf ihrem Mobiltelefon einen Countdown und ein Signal zum Auslösen und Stoppen des Schlages. In vielen Kirchen werden die Klöppel mittels einer Konstruktion angebunden und dann wiederum mit Hilfe des Signals aus dem Smartphone manuell gelöst.
Bei allen manuellen Steuerungen werden die Reaktions- und Umsetzungszeiten gemessen, die von der Auslösung des Signals bis zum Klang der Glocke vergehen. Da diese bei jeder Glocke und jedem Mensch unterschiedlich seien, müsse diese Messung pro Spieler und Glocke durchgeführt werden und in die Steuerungssoftware eingegeben werden. In sieben Kirchen können die Glocken nur manuell geläutet werden. Das Signal dazu wird ebenfalls von einem Smartphone kommen. Die Proben sollen Anfang August beginnen.
www.zusammenklang.com (sda)