SVP nimmt anstatt eines Referendums Kurs auf Personenfreizügigkeit

SVP nimmt anstatt eines Referendums Kurs auf Personenfreizügigkeit

14.01.2017, 17:56

Die SVP ergreift kein Referendum gegen die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative und nimmt eine Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens ins Visier. An der Delegiertenversammlung im Unterwallis erklärte die Partei das 2017 zum Schlüsseljahr.

Die Delegiertenversammlung fand im verschneiten Dorf Le Châble im Unterwallis statt. Weil in Montreux ein Zug die Bahnstrecke blockierte, kamen etliche Delegierte zu spät. Auch SVP-Bundesrat Ueli Maurer kam aus diesem Grund zu spät vor Ort an.

Der Start der Parteiversammlung wurde deshalb um eine halbe Stunde verschoben. Ab 11 Uhr aber wurden die verschiedenen Fronten der SVP im Minutentakt aufgezählt.

«Die Totengräber der freien Schweiz werden den Untergang einer erfolgreichen Schweiz 2017 in einem bisher nie gekannten Ausmass vorantreiben», sagte alt Bundesrat Christoph Blocher. Zu diesen «Totengräbern» zählte er die Mehrheit von Bundesrat und Parlament und mindestens eine Kammer des Bundesgerichts.

Er sprach sich gegen ein Institutionelles Rahmenabkommen mit der EU sowie gegen die Rasa-Initiative und ihren Gegenvorschlag aus. Zudem müsse die SVP die Selbstbestimmungsinitiative durchbringen, welche die Bundesverfassung über das Völkerrecht stellen will.

Bereits zuvor hatte SVP-Präsident Albert Rösti das 2017 als «Schlüsseljahr» bezeichnet, auch wegen des Kampf gegen die Energiestrategie 2050, die am 21. Mai an die Urne gelangt.

Kein Referendum

Angesichts dieser vielen Fronten will die SVP kein Referendum gegen die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative ergreifen, auch wenn die Vorlage mit dem «Inländervorrang light» als Missachtung des Volkswillens bezeichnet und heftig kritisiert wurde.

Für ein Referendum hatte sich der an der Universität Luzern tätige Politologe Nenad Stojanovic eingesetzt, der eine unterhaltsame Rede hielt. Der SP-Mann hatte als Einzelperson bereits das Referendum gegen die Umsetzung der Zuwanderungsinitiative ergriffen.

Er bezeichnete sich selbst als Sozialdemokrat, als Tessiner und als «Jugo-Tessiner» und dadurch als dreifacher Minderheitsvertreter. Die Masseneinwanderungsinitiative sei von den «Linken» (SP und Grünen) sowie den «Netten» (die FDP und manchmal die CVP) nicht wortgetreu umgesetzt worden. Wenn diese Parteien etwas frecher gewesen wären, hätten sie die Initiative wortgetreu umgesetzt, sagte der Politologe.

Die «linken und netten Parteien» hätten sich zurücklehnen können, weil die Wirtschaft das Referendum ergriffen hätte, sagte Stojanovic. Und sie könnten sicher sein, dass das Volk dieses Gesetz abgelehnt hätte, sagte der Politologe.

Im Saal fand er damit kein Gehör. SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz bezeichnete das Vorgehen als «nicht demokratisch und hinterhältig». Christoph Blocher rief die Delegierten dazu auf, Stojanovic nicht «auf den Leim» zu gehen.

Nur ein SVP-Politiker für Referendum

Einzig Jérôme Desmeules, Präsident der SVP Unterwallis, hielt ein Votum für ein Referendum. Die Delegierten lehnten das mit 248 Nein-Stimmen gegen 5 Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen ab.

Am Samstag hatte auch die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) gegenüber Radio SRF angegeben, dass sie das Referendum nicht unterstütze.

Anstatt eines Referendums verlangten hingegen zahlreiche SVP-Politiker die Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU. Bis am 24. Juni wird ein Bericht ausgearbeitet, der Massnahmen zum Stopp der «masslosen Zuwanderung» aufzeigt.

Der Bericht soll auch zeigen, ob die Kündigung der Personenfreizügigkeit ausreiche oder ob weitere Verträge gekündigt werden müssten, sagte SVP-Präsident Albert Rösti.

Rahmenabkommen bleibt oberste Priorität

Welches ist unter den vielen Fronten, an denen die grösste Schweizer Partei kämpft, denn nun die wichtigste? «Das Institutionelle Rahmenabkommen bleibt die Mutter aller Schlachten», sagte dazu alt Bundesrat Christoph Blocher der Nachrichtenagentur sda.

Er habe sich aus Bundesbern zurückgezogen, um sich auf diesen Kampf zu konzentrieren. Seinem «Komitee gegen einen schleichenden EU-Beitritt» seien inzwischen 120 Organisationen und über 7000 Privatpersonen beigetreten.

Zum Schluss der Delegiertenversammlung beschloss die SVP dann einstimmig die Nein-Parole zur erleichterten Einbürgerung von Personen der dritten Ausländergeneration, über die am 12. Februar abgestimmt wird. Zur Unternehmenssteuerreform III und der Schaffung eines Fonds für die Nationalstrassen und den Agglomerationsverkehr hatte die SVP bereits früher die Ja-Parolen beschlossen. (sda)

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