Dutzende Festnahmen bei Protesten gegen Putin in Russland

Dutzende Festnahmen bei Protesten gegen Putin in Russland

29.04.2017, 17:48

Hunderte Demonstranten haben am Samstag in mehreren russischen Städten gegen Präsident Wladimir Putin protestiert. Unter dem Motto «Wir haben ihn satt» wandten sie sich gegen eine erneute Kandidatur des Staatschefs bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr.

Während die Proteste in der Hauptstadt Moskau ohne Zwischenfälle verliefen, wurden in St. Petersburg nach Angaben von Aktivisten dutzende Demonstranten festgenommen. Zu den Protesten aufgerufen hatte die Bewegung Open Russia (Offenes Russland/Otkrytaja Rossija) des unterdessen in London lebenden Kreml-Kritikers Michail Chodorkowski.

Nach Angaben der Bewegung wurden am Samstag etwa 50 Demonstranten in St. Petersburg festgenommen. Die Menschenrechtsgruppe OVD-Info sprach von rund 125 Festnahmen. Die Polizei gab zunächst keine Zahlen bekannt. Sie hatte am Donnerstag die Büroräume von Open Russia durchsucht.

«Putin ist ein Usurpator», sagte ein Demonstrant. «Wir haben genug von ihm.» In Russland sei alles schlecht, «die Bildung, das Gesundheitssystem - alles wurde zerstört», klagte eine Mitstreiterin. «Ich will Veränderungen.»

Polizei greift in Moskau nicht ein

Die Polizei sprach von rund 250 Teilnehmern in Moskau. Die Organisatoren berichteten von rund 1000 Menschen, die bei Sonnenschein und Frühlingstemperaturen zum Präsidialamt zogen. Sie versammelten sich vor der Präsidialverwaltung, um dort Petitionen gegen eine erneute Kandidatur Putins abzugeben. Der Präsident sei schon zu lange an der Macht, sagte der Organisator der Proteste, Jakow Jermakow. «Unser Land entwickelt sich nicht weiter.»

Die Polizei warnte die Demonstranten über Lautsprecher, dass die Protestaktion nicht genehmigt worden sei, griff aber nicht ein.

Putin hat sich noch nicht offiziell für die Wahl 2018 beworben, es wird aber damit gerechnet, dass er für eine weitere Amtszeit kandidieren wird.

Am 26. März hatte der Oppositionelle Alexej Nawalny zu Demonstrationen wegen Korruptionsvorwürfen gegen Regierungschef Dmitri Medwedew aufgerufen. Damals waren bei einem grossen Polizeieinsatz in Moskau mehr als 1000 Menschen festgenommen worden.

Weitverzweigte Bewegung

Das russische Justizministerium hatte zuvor die in Grossbritannien registrierte Organisation Open Russia (Offenes Russland) von Chodorkowski als unerwünscht eingestuft. Die gleichnamige Bewegung in Russland ist aber nach eigener Darstellung nicht direkt mit der britischen Organisation verbunden.

Offenes Russland ist ein komplexes Geflecht aus in Grossbritannien registrierten Stiftungen und einzelnen Gruppen in Russland, die ein Netzwerk bilden. Chodorkowski hatte am Freitag angekündigt, die britischen Stiftungen würden die Zusammenarbeit mit der russischen Bewegung einstellen - wohl als Schutzmassnahme für die Arbeit der Aktivisten, die zu den Protesten aufgerufen hatten.

Der ehemalige Oligarch Chodorkowski gilt als Erzfeind des russischen Präsidenten. Etwa zehn Jahre lang sass er wegen Betrugs im Gefängnis und im sibirischen Straflager. Nach seiner Begnadigung und Entlassung aus der Haft 2013 ging er ins Ausland - zuerst in die Schweiz, dann nach Grossbritannien. (sda/afp/dpa)

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