Schwierige Regierungsbildung in Island nach vorgezogenen Wahlen

Schwierige Regierungsbildung in Island nach vorgezogenen Wahlen

29.10.2017, 09:56

Island könnte bald von einem Linksbündnis regiert werden. Nach einer Reihe politischer Skandale wurde die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Bjarni Benediktsson nach Auszählung von 70 Prozent der Stimmen abgewählt.

Dies könnte nun den Weg freien machen für eine linksgerichtete Koalition unter der Anführerin der Links-Grüne-Bewegung Katrin Jakobsdottir. Den jüngsten Ergebnissen vom Sonntag zufolge käme das Bündnis aus vier Parteien auf die äusserst knappe Mehrheit von 32 Mandaten im 63 Sitze zählenden Parlament.

Die Links-Grün-Bewegung der 41-jährigen Jakobsdottir wurde nach Auszählung von rund zwei Dritteln zweitstärkste Kraft. Die Partei setzt sich für eine bessere Gesundheitsversorgung und höhere Ausgaben für Bildung und Infrastruktur im Gegenzug für eine Anhebung der Steuern für Reiche und die Einführung einer Immobilienabgabe ein. Jakobsdottir sagte, keine Zusammenarbeit mit irgendeiner Partei auszuschliessen.

Die konservative Unabhängigkeitspartei von Benediktsson verlor bei den vorgezogenen Wahlen zwar Stimmen, wurde aber trotzdem stärkste Kraft. Allerdings hat eine der bisherigen Regierungsparteien den Wiedereinzug ins Parlament verpasst, während dies zwei neuen Parteien gelang.

Von Finanzkrise stark getroffen

Der Inselstaat im Nordatlantik mit 340'000 Einwohnern gehört zu den von der Finanzkrise 2008 am stärksten getroffenen Ländern. Das gesamte Bankensystem kollabierte nach Jahrzehnten der aggressiven Expansion in Übersee innerhalb einer Woche.

Nur durch die Verstaatlichung seiner Banken und mit Hilfe ausländischer Darlehen in Milliardenhöhe konnte eine Staatspleite verhindert werden. Zuletzt ging es der Wirtschaft - vor allem wegen des Booms im Tourismus - immer besser.

Trotzdem kommt der Aufschwung nicht bei allen Isländern an. Zuletzt klagten viele über das Gefühl einer zunehmenden Ungleichheit und äusserten ihr Unbehagen über die Zuwanderung in einem der ethnisch homogensten Länder der Welt.

Vertuschungsvorwürfe

Regierungschef Benediktsson hatte die Parlamentswahl vorgezogen. Hintergrund ist ein Skandal, in dem sein Vater versucht hatte, das Vorstrafenregister eines alten Freundes zu löschen, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden war. Einer der beiden Koalitionspartner warf Benediktssons Partei vor, die Affäre zu vertuschen, und verliess die Regierung.

Island hatte erst im Oktober 2016 gewählt, nachdem der damalige Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson im Zuge des Steuerskandals um die sogenannten Panama Papers zurückgetreten war. Er trat nun mit der neu gegründeten Mitte-Partei an und schaffte umgehend den Einzug ins Parlament. (sda/reu)

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