Ein eigenes Haus im Grünen, nicht weit weg von der Stadt, mit viel Platz für Kinder und Hund. Das ist für viele Menschen nach wie vor eine Traumvorstellung. Doch für junge Familien wird dieses Lebensziel immer schwieriger zu erreichen: Häuser werden immer teurer, das Angebot ist knapp, die Bautätigkeit stagniert bestenfalls – und die Aufnahme einer Hypothek ist an immer schärfere Vorgaben geknüpft.
Auf der anderen Seite sind viele Rentner wohlhabend. Vor allem auch, weil sie sich schon vor Jahrzehnten zu günstigen Konditionen Wohneigentum gesichert haben. In den letzten Jahren hat sich die Schere zwischen den Generationen immer weiter geöffnet. Wohneigentum ist heute für die grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer aufgrund der hohen Erschwinglichkeitshürden frühestens in der zweiten Lebenshälfte ein Thema.
Neueste Zahlen zeigen nun, wie stark der Anteil der Hausbesitzer unter den Dreissigjährigen in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Raiffeisen hat entsprechende Daten des Bundesamts für Statistik zusammengetragen und für diese Zeitung ausgewertet. Im Zahlenmaterial ist die Eigentumsquote nach Alterssegment und Jahren aufgeschlüsselt.
Ein langfristiger Trend betrifft die Alterskategorie der jungen Familien. 2010 besassen noch 23,9 Prozent der Personen im Alter zwischen 36 und 45 Jahren ein Haus. Dreizehn Jahre später beträgt dieser Wert noch 17,1 Prozent. Das ist ein Rückgang um 6,8 Prozentpunkte. In keiner anderen Alterskategorie ist der Anteil der Hausbesitzer stärker zurückgegangen.
Zahlen des vergangenen Jahres gibt es noch nicht, doch der Trend dürfte anhaltend sein. «Es ist offensichtlich, dass sich immer weniger Personen um die 30 ein Haus leisten können», bilanziert Michel Fleury, Ökonom von Raiffeisen Schweiz.
Bei den Wohnungen ist dieser Trend viel weniger stark ausgeprägt. In der Alterskategorie 36 bis 45 waren 2010 8,8 Prozent Stockwerkeigentümer, 2023 waren es 7,7 Prozent und damit nur leicht weniger. Fleury erklärt: «Das dürfte daran liegen, dass ein typisches Einfamilienhaus heute im Schweizer Schnitt rund 1,5 Millionen Franken kostet, während der durchschnittliche Preis einer typischen Wohnung bei etwa einer Million liegt.» In anderen Worten: Eine Wohnung kann man sich noch eher leisten.
Ganz anders präsentiert sich die Lage für Menschen im Herbst ihres Lebens. Was die Wohnungen betrifft, ist ein regelrechter Boom zu beobachten. Von den Personen im Alter zwischen 76 und 85 besassen vor fünfzehn Jahren 13,6 Prozent eine Wohnung, 2023 waren es bereits 21,1 Prozent. Noch grösser ist die Differenz in der Kategorie der Menschen ab 85. Nur 8,7 Prozent von ihnen waren 2010 im Besitz einer Wohnung – 2023 ist der Anteil mit 17,2 Prozent rund doppelt so gross.
«Diese grosse Veränderung ist überraschend. Es ist ein enormes Wachstum in der obersten Alterskategorie», sagt Michel Fleury von Raiffeisen. Dafür gebe es zwei Erklärungen: Einerseits sind diese Stockwerkeigentümer in die höheren Alterskategorien «hineingewachsen». Denn früher war der Zugang zu einer Eigentumswohnung deutlich einfacher. Andererseits sind ältere Menschen heute tendenziell fitter als früher und bleiben länger in ihren eigenen vier Wänden. «Mit dem angesparten Alterskapital und den tendenziell erst um die Pensionierung stattfindenden Erbschaften von den eigenen Eltern kann man sich in diesem Alter auch eher eine Wohnung leisten», so Fleury. Des Weiteren verkaufen einige Rentner in diesem Alter ihre grossen Häuser und kaufen sich mit den Einnahmen kleinere, altersgerechte Wohnungen.
Berücksichtigt man die Zahlen der Haus- und Wohnungseigentümer zusammen, lässt sich generell sagen: Menschen im Berufsleben besitzen im langfristigen Vergleich in immer weniger Fällen eigene vier Wände. Ab der Pension steigt die Wohneigentumsquote hingegen wieder an.
Heute ist rund die Hälfte der Rentner Eigenheimbesitzer. Hält dieser Trend an, werden Rentner schon bald die Mehrheit der Eigenheimbesitzer in der Schweiz stellen.
Selbst wenn man berücksichtigt, dass Menschen immer älter werden, könnte sich manch junge Person die Frage stellen: Kommen in den nächsten Jahren nun viel mehr Objekte auf den Markt, wenn die Babyboomer-Generation langsam ausstirbt? Würde das Angebot an Wohnungen und Häusern derart steigen, dass die Preise sinken oder zumindest stagnieren?
«Ich glaube nicht, dass das der Fall sein wird», sagt Michel Fleury von Raiffeisen. Es treffe zwar zu, dass die geburtenstärksten Jahrgänge dieser Generation nun allmählich in den Ruhestand treten, doch die Zuwanderung sorge dafür, dass die Bevölkerung weiter wachse. Die Nachfrage nach Wohneigentum gehe daher kaum zurück. «Auch wenn nicht jede Wohnung und nicht jedes Haus direkt an die nächste Generation vererbt wird und damit künftig etwas mehr Objekte auf den Markt kommen könnten, dürfte die Nachfrage das Angebot auch künftig deutlich übersteigen. Somit ist nicht mit einer markanten Veränderung der Preise am Immobilienmarkt zu rechnen», so Fleury.
Der Raiffeisen-Ökonom beobachtet die sich immer stärker öffnende Schere zwischen den Generationen mit Sorge. «Es stellen sich gewisse Fairnessfragen. Die älteren Generationen hatten das Glück, dass sie noch zu verhältnismässig günstigen Preisen ihre Immobilien kaufen konnten. Viele dieser Eigenheimbesitzer sind damit sehr wohlhabend geworden. Heute ist das für die Mehrheit der jungen Familien nicht mehr möglich.»
Das Haus im Grünen mit viel Platz für Kinder und Hund: Dieser Traum geht für viele erst dann in Erfüllung, wenn die Kinder längst ausgezogen sind. (aargauerzeitung.ch)
Und ein EFH gegen eine Wohnung in einem MFH tauschen... das rechnet sich einfach nicht.