Urner Obergericht urteilt zum dritten Mal über Auftragsmord

Urner Obergericht urteilt zum dritten Mal über Auftragsmord

16.11.2017, 05:08

Ein Urner Barbetreiber steht ab heute Donnerstag zum dritten Mal vor dem Obergericht, weil er 2010 einen Killer auf seine Frau angesetzt haben soll. Der Fall muss erneut beurteilt werden, weil das Bundesgericht den Freispruch nicht akzeptiert hat.

Nach einem turbulenten Prozess hatte das Obergericht im April 2016 den einstigen Bordellbetreiber aus Erstfeld vom Vorwurf des Mordversuchs an seiner Frau aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Die Frau war im November 2010 auf offener Strasse durch Schüsse schwer verletzt worden. Ein Kroate wurde 2012 vom Urner Landgericht als Auftragsschütze zu einer Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren verurteilt.

Das Opfer und die Staatsanwaltschaft akzeptierten diesen Freispruch nicht und erhielten vor dem Bundesgericht Recht. Der Freispruch sei ungenügend begründet, nicht nachvollziehbar und offensichtlich unhaltbar, heisst es im Urteil des Bundesgerichts.

Das Bundesgericht wirft dem Obergericht vor, Belastendes ausgeblendet und umgekehrt Argumente herangezogen zu haben, die schlicht nicht entlastend seien. Erheblich sein dürften nur begründete Zweifel, und nicht eine unbelegte und entfernte Möglichkeit, dass sich der Fall auch anders zugetragen haben könnte.

Komplott-Theorie erledigt

Dabei geht es vor allem um die Komplott-Theorie. Der Verteidiger des Barbetreibers hatte die These vertreten, dass dessen Frau mit ihrem Freund den Anschlag auf sich inszeniert habe, um ihren Mann hinter Gitter zu bringen. Wer geschossen haben soll, blieb dabei unklar.

Genährt wurde die Komplott-Theorie durch Aussagen des verurteilten Auftragsschützen in der Fernsehsendung «Rundschau». Für das Bundesgericht kann diese Tatvariante aber nur verworfen werden. Sie sei eine durch nichts belegte und keiner Überprüfung zugängliche Behauptung. Dass das Obergericht die Komplott-Theorie als äusserst unwahrscheinlich bezeichne, aber dennoch nicht gänzlich ausschliesse, sei nicht nachvollziehbar.

Der Erstfelder Barbetreiber war vom Obergericht 2016 zwar vom Vorwurf des Auftragsmords freigesprochen worden, er wurde aber wegen Gefährdung des Lebens für schuldig befunden, weil er im Januar 2010 auf einen Gast geschossen hatte, ohne diesen zu verletzten. Diese Verurteilung wurde vom Bundesgericht nicht beanstandet.

Anwalts-Honorar umstritten

Zur Diskussion steht vor dem Obergericht aber noch das Honorar der Verteidigung. Die Staatsanwaltschaft hatte vor dem Bundesgericht das vom Obergericht festgelegte Honorar des Anwalts erfolgreich angefochten, weil der Höchstsatz der ordentlichen Entschädigung ohne Begründung um ein Vielfaches überschritten worden sei.

2013 hatte das Obergericht den ehemaligen Barbetreibern in einem ersten Prozess zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt, dies wegen versuchter vorsätzlicher Tötung des Gastes und wegen Mordversuchs an seiner Frau. Das Bundesgericht hob dieses Urteil 2014 auf. Es hiess die Beschwerde des Angeklagten in zwei Punkten gut, die die Schussabgabe auf den Gast betrafen, nicht aber den mutmasslichen Auftragsmord. (sda)

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