Streit in deutscher SPD vor Sonderparteitag wird härter

Streit in deutscher SPD vor Sonderparteitag wird härter

18.01.2018, 14:40

Die Spannung steigt, der Ton wird schärfer: Am Sonntag muss ein SPD-Sonderparteitag entscheiden, ob die Sozialdemokraten in Deutschland erneut über eine grosse Koalition (GroKo) mit den Christdemokraten verhandeln. Der Ausgang der Abstimmung ist offen.

Drei Tage vor dem richtungsweisenden Parteitag spitzt sich in Deutschlands ältester Partei der innerparteiliche Streit zu. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles warf den Gegnern einer grossen Koalition vor, es mit den Fakten nicht so genau zu nehmen. «Was der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert in Sachsen-Anhalt zum Thema Rente gesagt hat, ist schlichtweg falsch», sagte Nahles den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Kühnert wies die Vorwürfe am Donnerstag zurück und bekräftigte die Ablehnung der Jusos einer Neuauflage der grossen Koalition. Die GroKo-Gegner hätten eine «echte, reale Chance», die Abstimmung auf dem Parteitag zu gewinnen.

Jusos auf Oppositionskurs

Die Jusos hätten 80 bis 90 Delegierte auf dem Parteitag am Sonntag in Bonn. Dort stimmen insgesamt 600 Delegierte und der SPD-Vorstand darüber ab, ob es Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU geben soll.

Kritiker aus den Reihen der SPD beurteilen die Sondierungsergebnisse mit der CDU/CSU aus der vorigen Woche als unzureichend und wünschen sich «Nachbesserungen» - etwa bei der Steuerpolitik oder beim Gesundheitssystem. Viele haben aber auch prinzipielle Bedenken gegen eine erneute grosse Koalition. Im Falle von Koalitionsverhandlungen sollen die SPD-Mitglieder über das Ergebnis abstimmen.

SPD-Fraktionschefin Nahles warb in den Medien eindringlich für ein Ja zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU. «Ich bin davon überzeugt, dass wir in den Sondierungen ein gutes Ergebnis erzielt haben, um das Leben vieler Bürgerinnen und Bürger ganz konkret zu verbessern.» Sie verwies auf die Renten- und Gesundheitspolitik sowie die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen.

SPD verliert weiter an Boden

Die SPD hatte schon in der vergangenen Wahlperiode 2013-2017 mit der CDU/CSU regiert. Wegen ihres miserablen Abschneidens bei der Bundestagswahl am 24. September wollte sie die Koalition aber eigentlich nicht fortsetzen und sich in der Opposition regenerieren. Sondierungen über ein «Jamaika»-Bündnis zwischen CDU/CSU, FDP und Grünen scheiterten aber im November.

Unterdessen verliert die SPD kurz vor dem Parteitag in einer Umfrage weiter an Zuspruch. Sie rutschte im Vergleich zur Vorwoche um 2 Prozentpunkte auf 18 Prozent ab, wie das Forsa-Institut am Donnerstag mitteilte. Union, Linke und AfD legten dagegen in der Umfrage für das RTL/n-tv-Trendbarometer um jeweils 1 Prozentpunkt zu.

Die CDU/CSU könnte aktuell mit 34 Prozent rechnen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, die Linke mit 10 und die AfD mit 12 Prozent. Die Grünen kämen ebenfalls auf 12 Prozent, die FDP auf 8 Prozent.

«Schicksalsjahr» für Europa

Ehemalige Parteigrössen wie der frühere SPD-Chef Kurt Beck empfahlen den Delegierten, für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zu stimmen.

Der frühere Finanzminister Hans Eichel sagte der «Saarbrücker Zeitung», 2018 sei das Schicksalsjahr der europäischen Einigung. «Nur mit der SPD in der Bundesregierung gibt es den notwendigen positiven Beitrag Deutschlands dazu.»

Eichel fügte hinzu, die SPD müsse sich grundlegend erneuern. «Der Parteivorsitzende muss sich an die Spitze stellen, darf nicht selbst in die Regierung gehen, nur so wird dieser Prozess glaubwürdig und stark.» (sda/dpa)

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