Das Fussball-Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden ist am Dienstagabend kurz nach Einlassbeginn in Hannover abgesagt worden. Es gab Warnungen vor islamistischen Attentätern mit einem Sprengsatz im Stadion.
«Es war beabsichtigt, einen Sprengsatz im Stadion zu zünden», sagte Hannovers Polizeipräsident Volker Kluwe am Dienstagabend im Fernsehen. «Der entscheidende Hinweis hat uns zirka 15 Minuten nach Öffnung der Tore erreicht.»
Diese Warnung habe man sehr ernst genommen. «Wir haben uns sehr schnell entschlossen, nicht weitere Menschen einzulassen», sagte Kluwe. «Sowohl die Mannschaften befinden sich in Sicherheit als auch die Offiziellen.»
Es habe Hinweise auf einen Anschlag gegeben, der von Islamisten geplant gewesen sei, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Dienstagabend aus Sicherheitskreisen.
Die «Bild»-Zeitung (Online) berichtete, zunächst habe es Hinweise gegeben, dass eine Gruppe um einen namentlich bekannten Nordafrikaner einen Anschlag planen könne. Es sei konkret von Sprengmitteln, Sprengstoffgürteln, automatischen Waffen und Sprengsätzen an den Zufahrtswegen die Rede gewesen.
Dann habe der französische Geheimdienst auf einen irakischen Schläfer hingewiesen, der einen Anschlag auf das Freundschaftsspiel geplant haben solle.
Nur wenige Zuschauer im Stadion
Zum Zeitpunkt der Absage des Spiels gegen 19.15 Uhr waren kaum Zuschauer im Stadion. Sie wurden per Lautsprecher aufgefordert, den Stadionbereich zu verlassen.
«Meine Damen und Herren, meine lieben Fussballfreunde, es tut mir leid, aber das Spiel ist kurzfristig abgesagt worden. Bleiben Sie bitte ruhig! Es ist keine Gefahr im Anmarsch oder sonst irgendwas. Gehen sie einfach ganz normal nach Hause!» lautete die Lautsprecherdurchsage.
Ein Reuters-Fotograf berichtete, die Fussballfans hätten geordnet und ohne Panik das Stadion verlassen. Innerhalb kürzester Zeit sei der Platz vor der Arena so gut wie leer gewesen.
Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Sigmar Gabriel, Innenminister Thomas de Maizière, Justizminister Heiko Maas und zahlreiche andere hochrangige Gäste waren zu dem Fussballspiel erwartet worden. Mehrere Limousinen fuhren nach der Absage mit Blaulicht aus dem Stadionbereich heraus.
Sondereinsatzkräfte im Stadion
Nach der Absage des Fussballspiels durchsuchen Sondereinsatzkräfte der Polizei das Stadion und umliegende Gelände. Vermummte und schwer bewaffnete Einsatzkräfte rannten in das Stadion. Polizeipräsident Volker Kluwe sagte, es sei nicht klar, was mögliche Terroristen nach der Absage des Spiels nun alternativ tun würden.
Die Polizei war bereits direkt nach der Absage des Spiels mit unzähligen Mannschaftswagen vorgefahren. Das Gebiet wurde nach Angaben von Augenzeugen weiträumig abgesperrt.
De Maizière: Hinweise verdichteten sich
Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière sagte am Dienstagabend bei einer kurzfristig angesetzten Medienkonferenz in Hannover, die Massnahme sei auf seine Empfehlung erfolgt. Die Hinweise auf eine Gefährdung hätten sich im Laufe des frühen Abends so verdichtet, dass sich die Sicherheitsbehörden des Bundes nach Abwägung der Vor- und Nachteile entschieden hätten, das Spiel abzusagen.
De Maizière betonte, eine konkrete Beantwortung vieler Fragen zu den Hintergründen und Gründen der Absage könne er nicht leisten. «Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.»
«Wir alle hatten uns auf das Spiel gefreut», sagte de Maizière weiter. Es habe eine besondere Geste sein sollen. «Umso bitterer ist eine solche Entscheidung, und umso schwerer ist sie uns gefallen.» Der Innenminister fügte hinzu: «Aber in einer solch schwierigen Lage hat im Zweifel der Schutz der Menschen Vorrang. Diesen Zweifeln sind wir deswegen heute gefolgt.»
Nach Angaben des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius wurden keine Verdächtigen festgenommen. Es sei auch kein Sprengstoff gefunden worden, sagte er an der gemeinsamen Medienkonferenz mit Innenminister de Maiziere.
Als Signal gegen Extremismus geplant
Die deutsche Nationalmannschaft war auf dem Weg zur Arena, kehrte dann aber um. Das Team von Bundestrainer Joachim Löw hatte am vergangenen Freitag die Ereignisse in Paris miterlebt. Am Rande des Länderspiels gegen Frankreich hatten Selbstmordattentäter Bomben vor dem Stade de France gezündet.
Nach einigem Zögern hatte sich die Löw-Mannschaft entschlossen, zur Partie gegen die Niederländer anzutreten. Das Spiel sollte ein Signal gegen Fanatismus und Extremismus setzen.
Auch Jazzkonzert abgesagt
Wegen Terrorgefahr wurde am Dienstagabend auch ein Konzert des Saxophonisten Maceo Parker in Hannover abgesagt. Die Polizei habe ihm die Absage empfohlen, sagte Musikveranstalter Gerd Kespohl am Abend. Das Konzert im Kulturzentrum Pavillon sollte um 20.00 Uhr beginnen, es sei um 20.20 Uhr abgesagt worden, sagte Kespohl. Rund 900 Besucher waren zu der Veranstaltung gekommen.
Medienberichten zufolge wurde am Abend auch die TUI-Arena in Hannover aus Sicherheitsgründen geräumt. Dort sollten die «Söhne Mannheims» ein Konzert geben.
Die Polizei hatte nach den Anschlägen von Paris ihre Präsenz in Hannover stark erhöht, in der Stadt patrouillieren zahlreiche bewaffnete Einsatzkräften mit Maschinenpistolen. (sda/dpa/reu)