Die EU-Kommission verlangt von Polen innerhalb von drei Monaten Änderungen an der umstrittenen Justizreform. Die Behörde treibt damit das zum ersten Mal angewandte Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit weiter voran.
«Die grundlegenden Bedenken sind weiterhin nicht ausgeräumt», sagte der Vizechef der Brüsseler Behörde, Frans Timmermans, am Mittwoch in Brüssel. Die EU-Kommission bemängelt insbesondere Entscheidungen, die die Arbeit des Verfassungsgerichts behindern. Es gehe um die Unabhängigkeit der Justiz, sagte Timmermans.
Die polnische Regierung reagierte pikiert. Innenminister Mariusz Błaszczak sagte am Mittwoch in Krakau: «Ich bin erstaunt über die Entscheidung der Europäischen Kommission, die die Mitgliedsstaaten eher unterstützen sollte.» Er fügte hinzu, die Kommission habe «offenbar die Lehren aus dem Brexit nicht gezogen».
Entzug der Stimmrechte droht
Wenn die Warschauer Regierung nicht einlenkt, könnte die EU-Kommission die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge vorschlagen. Er sieht vor, dass bei einer «schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung» der im EU-Vertrag verankerten Werte einem Mitgliedsland in letzter Konsequenz auch die Stimmrechte entzogen werden können.
Die EU-Kommission verlangt von Polen insbesondere die Umsetzung mehrerer Urteile des Verfassungsgerichts. Dies würde bedeuten, dass drei ursprünglich ernannte Richter ihr Amt antreten können. Die spätere Ernennung anderer Richter stuft die Behörde als unrechtmässig ein. Zudem müssten die Urteile des Gerichtes künftig grundsätzlich umgesetzt werden. Die Institution dürfe nicht geschwächt werden, forderte die EU-Behörde.
Überprüfung schon im Januar eingeleitet
Die EU-Kommission hatte im Falle Polens Mitte Januar erstmals überhaupt eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat eingeleitet. Und die nationalkonservative polnische Regierung hat auf die Brüsseler Kritik auch bereits mit einer Neufassung der umstrittenen Justizreform reagiert.
Allerdings wurden auch in der überarbeiteten Form des Gesetzes, das noch die Unterschrift von Präsident Andrzej Duda benötigt, Nachbesserungsvorschläge der Opposition und kritischer Juristen nicht berücksichtigt.
«Dieses neue Gesetz beseitigt die Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit in Polen nicht», unterstrich Timmermans. Das Verfassungsgericht müsse Gelegenheit bekommen, die Rechtmässigkeit des Gesetzes zu prüfen. (sda/dpa/afp)