Justiz soll verschlüsselte Terror-Kommunikation ins Visier nehmen

Justiz soll verschlüsselte Terror-Kommunikation ins Visier nehmen

23.08.2016, 12:56

Die Justiz soll nach dem Willen Deutschlands und Frankreichs bei Ermittlungen auf verschlüsselte Kommunikation von Terroristen zugreifen können. Zudem soll ein europäisches Ein- und Ausreiseregister eingeführt werden.

Anbieter von Kurzmitteilungsdiensten wie Telegram sollten zur Zusammenarbeit mit der Justiz in Europa verpflichtet werden, auch wenn sie ihren Sitz ausserhalb der EU haben, forderten die Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein französischer Amtskollege Bernard Cazeneuve am Dienstag in Paris.

Terroristen nutzen bei ihrer Kommunikation häufig verschlüsselte Kurznachrichtendienste. In Frankreich sollen nach übereinstimmenden Medienberichten etwa die islamistischen Mörder eines Priesters in der Normandie Telegram benutzt haben. Dies stellt Ermittler vor Probleme.

Immer mehr App-Anbieter wie WhatsApp oder Telefonhersteller wie Apple verwenden inzwischen serienmässig Verschlüsselungssysteme. Cazeneuve sagte, dass die Kooperationsbereitschaft der verschiedenen Unternehmen sich sehr stark unterscheide.

App-Anbieter zur Kooperation zwingen

Die Minister forderten die EU-Kommission auf, einen Gesetzesvorschlag zu prüfen, um alle Anbieter - ob von Internetzugang oder Kommunikationsdiensten - den gleichen Verpflichtungen zu unterwerfen. So könnten sie gezwungen werden, illegale Inhalte zu entfernen oder Nachrichten zu entschlüsseln, die für Ermittlungen relevant sind, sagte Cazeneuve.

Wie dies genau funktionieren soll und welche Sanktionen es geben könnte, lässt das Papier offen. Es sei notwendig, Lösungen zu finden, um effiziente Ermittlungen zu ermöglichen, dabei aber zugleich die Verfügbarkeit sicherer Verschlüsselungssysteme zu gewährleisten.

«Wir haben relativ gute Erfahrung im Kampf gegen Kinderpornografie. Eine ähnliche Verpflichtung kann man sich auch im Kampf gegen Terrorismus vorstellen», sagte de Maizière. Verbote alleine reichten nicht, weil Extremisten durch soziale Dienste grenzübergreifend arbeiteten.

Die Vorschläge sind Teil eines gemeinsamen Papiers mit gemeinsamen Vorschlägen zur Sicherheitspolitik, das die beiden Minister ihren EU-Partnern vorlegen wollen.

«Wir wollen wissen, wer nach Europa kommt»

Bei ihrem Treffen machten beide Innenminister auch Druck bei der Einführung eines europäischen Ein- und Ausreiseregisters. Bis Jahresende solle es eine «politische Entscheidung» für ein solches Register geben, sagte de Maizière. «Wir wollen wissen, wer nach Europa kommt, und ob er sich zu Recht aufhält, und wann er Europa wieder verlassen hat. Das können wir im Moment nicht.»

Ihre gemeinsame Initiative stellten die beiden Innenminister insbesondere mit Blick auf den EU-Gipfel Mitte September im slowakischen Bratislava vor. «Wenn es um Sicherheit geht, bringt Europa einen Mehrwert», sagte de Maizière. «Europa führt zu mehr Sicherheit.»

Bereits am Montag hatten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Italiens Regierungschef Matteo Renzi und Frankreichs Staatschef François Hollande bei einem Treffen in Italien für ein grösseres gemeinsames Engagement der Europäischen Union beim Thema Sicherheit geworben. Nach dem überraschenden Brexit-Votum der Briten wird Sicherheit als ein Kernthema angesehen, um die EU-Bürger wieder von der Notwendigkeit Europas zu überzeugen. (sda/dpa/afp/reu)

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