Auf den Tag genau vor zehn Jahren ist nach über 100 Jahren der erste Braunbär in die Schweiz zurückgekehrt. Er wurde am 25. Juli 2005 von Wanderern am Ofenpass im Gebiet neben dem Territorium des Schweizer Nationalparks gesichtet.
Drei Tage später kam dann der definitive Beweis: Ein Forststudent fotografierte das Tier am Ofenpass auf dem Gebiet des Nationalparks. Eine DNA-Analyse ergab später, dass es sich um den 20 Monate alten Sohn slowenischer Eltern handelte.
Der Braunbär, der JJ2 getauft wurde, war anscheinend aus dem Südtirol in die Schweiz eingewandert. Mutter und Vater waren beim Wiederansiedlungsprojekt im Nationalpark Adamello Brenta im italienischen Trentino ausgesetzt worden.
Zuvor galt das geschützte Grossraubtier während über 100 Jahren in der Schweiz als ausgerottet. Den letzten Bär hatten zwei einheimische Gämsjäger am 1. September 1904 im Val S-charl bei Scuol im Unterengadin erschossen - unweit der Stelle, wo der eingewanderte Bär dann fotografiert wurde.
Bären-Hysterie
In den folgenden Tagen entwickelte sich eine wahre Bären-Hysterie. Bis zu 300 Personen warteten jeweils auf das Auftauchen des wilden Einwanderers. Zur Verkehrsregelung musste sogar die Polizei aufgeboten werden. Vereinzelt verhielten sich Schaulustige völlig unverantwortlich, indem sie sich dem Bären auf kurze Distanz näherten.
Doch auf die anfängliche Euphorie folgte schon bald Ernüchterung. Denn wenige Tage nach seinem ersten Auftauchen riss der Braunbär im bündnerischen Münstertal ein wenige Tage altes Kalb, zwei Wochen später dann noch ein Schaf. Bis Ende September fielen ihm über 20 Schafe zum Opfer.
Zwei Bären abgeschossen
Nach Angaben der Gruppe Wolf Schweiz folgten dem ersten Braunbären acht oder neun weitere in die Schweiz. Spuren von sechs Bären seien genetisch nachgewiesen worden, teilte die Gruppe in einem Communiqué mit. Drei bis vier weitere seien beobachtet worden, ohne genetisch erfasst zu werden.
Sie alle tauchten ausschliesslich im Kanton Graubünden auf. Zwei der Tiere - JJ3 und M13 - mussten getötet werden, weil ihr auffälliges Verhalten eine Gefahr für die Menschen darstellte. Diese Raubtiere hatten ihre natürliche Scheu verloren, suchten in Abfallkübeln und Komposten nach Futter und wurden dabei immer frecher.
Die anderen sieben oder acht Bären hingegen lebten weitgehend unauffällig in der Schweiz. Das zeige, dass das Zusammenleben mit Braunbären zwar eine Herausforderung darstelle, aber durchaus möglich sei, hiess es. Ob sich zur Zeit Bären in der Schweiz aufhalten, ist nach Angaben der Gruppe Wolf Schweiz nicht bekannt. (sda)