Österreichs Sozialdemokraten haben Bundeskanzler Christian Kern mit überwältigender Mehrheit zum neuen Parteichef gewählt. Von den Delegierten des ausserordentlichen SPÖ-Bundesparteitags stimmten am Samstag in Wien 96.8 Prozent für den 50-Jährigen.
Sein zuletzt hart kritisierter Vorgänger Werner Faymann war vor zwei Jahren mit nur knapp 84 Prozent von den Delegierten abgestraft worden.
Kern hatte in seiner Rede vor den 650 Delegierten Aufbruchstimmung verbreitet. «Das sozialdemokratische Zeitalter fängt gerade erst an», meinte der ehemalige Bahn-Chef. Das gelte nicht nur für Österreich, sondern für Europa. Werte wie Toleranz, Gleichheit und Gerechtigkeit seien nach wie vor sozialdemokratische Grundsätze, für die die Menschen zu begeistern seien.
Kern steht erst seit fünf Wochen an der Spitze der rot-schwarzen Regierung in Wien. Die Wahl der neuen Parteispitze war nach dem Rücktritt von Kanzler Faymann im Mai nötig geworden. Inhaltliche Fragen will die SPÖ erst auf einem weiteren Parteitag im Herbst oder Frühjahr 2017 besprechen.
Angesichts des Brexit-Referendums in Grossbritannien wandte sich Kern deutlich gegen aus seiner Sicht zu einfache Antworten. Er halte es für beschämend, dass manche die Flüchtlingsfrage als ausschlaggebend betrachteten. «Das ist eine populistische Analyse.»
Der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuvor die Lösung der Flüchtlingskrise als wegweisend für die Zukunft der EU genannt.
Das politische Duell mit der in Umfragen führenden rechten FPÖ möchte Kern aus einer Position neuer Stärke gewinnen. «Ich bin absolut nicht bereit, den Schlüssel zum Bundeskanzleramt den Blauen auszuliefern», sagte Kern über die Freiheitlichen, deren Parteifarbe blau ist.
Auch der jüngste Erfolg der FPÖ bei der Bundespräsidentenwahl - dort hatte FPÖ-Kandidat Norbert Hofer 49.7 Prozent der Stimmen eingefahren - sei nicht ohne weiteres wiederholbar. (sda/dpa)