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Bundesrat Rösti will Tempo 30 einschränken: Grüne wütend, SVP erfreut

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Tempo 30 – eines der grossen verkehrspolitischen Streitthemen.Bild: keystone

Zoff um Tempo 30: «Linke Städte können nicht einfach tun und lassen, was sie wollen»

Verkehrsminister Albert Rösti will, dass innerorts Tempo 50 die Regel ist. 30er-Zonen soll es nur noch in Ausnahmefällen geben. SVP-Nationalrat Mauro Tuena ist hocherfreut. Für Grünen-Nationalrätin Irène Kälin politisiert Rösti an der lokalen Bevölkerung vorbei.
27.06.2025, 16:0927.06.2025, 17:09
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Es gibt wenige Themen, die in der Schweiz so intensiv für rote Köpfe sorgen wie das Auto.

Für die jüngsten politischen Turbulenzen sorgen Pläne von Verkehrsminister Albert Rösti. Rösti will, dass Tempo 50 auf sogenannt verkehrsorientierten Strassen die Regel ist – Tempo 30 soll nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Verkehrsorientierte Strassen sind primär auf die Anforderungen von Lastwagen, Autos und Motorräder ausgerichtet. Diese sollen möglichst effizient vorankommen.

Bundesrat Albert Roesti macht ein Foto mit einem Maedchen an einem Apero mit der Bevoelkerung im Rahmen der Bundesratsreise, am Donnerstag, 26. Juni 2025, auf dem Schloss in Rapperswil-Jona. (KEYSTONE ...
Ein Selfie mit Albert Rösti beim Apéro mit der Bevölkerung im Rahmen der Bundesratsreise 2025. Bild: keystone

Rösti meidet das Referendum

Brisant: Rösti möchte sein Vorhaben mittels Verordnung regeln. Im Gegensatz zu einer Gesetzesänderung kann dagegen kein Referendum ergriffen werden. Zu einer Volksabstimmung kommt es folglich nicht. Gegenüber watson sagt Grünen-Nationalrätin Irène Kälin:

«Das Vorgehen von Bundesrat Rösti ist demokratiepolitisch höchst problematisch.»

Es sei grundsätzlich legitim, das Instrument der Verordnung zu nutzen, so Kälin. «Ich bin jedoch der Meinung, dass man dann ein guter Demokrat ist, wenn man kontroverse Vorlagen lieber einmal mehr auf referendumsfähiger Stufe mit der Bevölkerung diskutiert.» Rösti wisse, dass seine Idee umstritten sei. Die Wahl des Verordnungsweges komme nicht von ungefähr.

Die neugewaehlte Nationalratspraesidentin Irene Kaelin, GP-AG, haelt ihre Antrittsrede ,am ersten Tag der Wintersession der Eidgenoessischen Raete ueber ihre Wahl, am Montag, 29. November 2021 im Nati ...
Irène Kälin (Grüne) ist gegen das Vorhaben von Albert Rösti.Bild: keystone

Röstis Tempo-50-Pläne haben ihren Ursprung in einer Motion, die FDP-Nationalrat Peter Schilliger 2021 im Parlament einreichte. Sein Vorstoss forderte, dass Tempo 50 auf verkehrsorientierten Strassen verbindlich gelten müsse. In der Nähe von Schulhäusern könnten Ausnahmen gemacht werden. Tempo 30 solle es nur noch auf siedlungsorientierten Strassen geben dürfen, die etwa durch Wohnquartiere führen.

Schilligers Motion – der Luzerner sitzt im Verwaltungsrat des TCS – fand in beiden Kammern eine Mehrheit. Entgegen dem Willen des Bundesrats und der damaligen SP-Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga.

«Schikane für Automobilisten»

Im «Tages-Anzeiger» zeigt sich der Schweizerische Städteverband kritisch, was das Vorgehen Röstis betrifft: «Die Motion zielt darauf ab, den Handlungsspielraum von Gemeinden, Städten und Kantonen in Sachen Tempo 30 einzuschränken.»

Für Mauro Tuena kein Problem. Auf Anfrage von watson sagt der SVP-Nationalrat und Verkehrspolitiker:

«Manchmal müssen Autonomien eingeschränkt werden. Gerade die linken Städte können nicht einfach tun und lassen, was sie wollen.»

30er-Zonen seien eine «Schikane für Automobilisten» und hätten Auswirkungen weit über das Stadtgebiet hinaus. Die dadurch entstehenden Staus würden die Schweiz jährlich Millionen von Franken kosten.

Mauro Tuena, SVP-ZH, spricht an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 5. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Til Buergy)
Mauro Tuena (SVP) ist ein Gegner von 30er-Zonen auf verkehrsorientierten Strassen.Bild: keystone

Dass Rösti den Verordnungsweg wählt und damit ein Referendum umgeht, erachtet Tuena als «absolut richtig». «Warum ein Gesetz machen, wenn eine Verordnung locker reicht? Da können die Grünen sagen, was sie wollen. Ich finde auch, dass man beim EU-Rahmenvertrag zwingend das Ständemehr berücksichtigen müsste. Da machen die Grünen wiederum nicht mit.»

Sicherheit und Lärm

Für Grünen-Nationalrätin Kälin ist nicht nur das Vorgehen Röstis bedenklich, auch inhaltlich sei damit «vollkommen am Willen der lokalen Bevölkerung – auch seiner Wählerschaft – vorbei politisiert».

«Es ist kein Geheimnis, dass sich selbst Bewohner in bürgerlich geprägten Gemeinden mehr und mehr Tempo 30 wünschen.» 30er-Zonen brächten mehr Sicherheit und weniger Lärm. Mit verkehrsberuhigenden Massnahmen sei es zudem möglich, etwas Grün «in diese Teerlandschaften zu bringen».

Unterstützung erhält Kälin vom Verkehrs-Club der Schweiz (VCS). Deren Kampagnenchef sagt im «Tages-Anzeiger»: «Tempo 30 halbiert das Risiko tödlicher Unfälle.» Insbesondere auf Hauptverkehrsachsen mit vielen Fussgängerinnen und Velofahrern sei der Gewinn an Sicherheit entscheidend. Zusätzlich reduziere Tempo 30 die empfundene Lärmbelastung ebenfalls um rund die Hälfte.»

Der Tempo 30 an der Bernstrasse in Luzern anlaesslich einer Medienkonferenz der 7 Luzerner Quartiervereine Hochwacht, BaBel, Maihof, Guetsch,Hirschmatt-Neustadt, und Obergrund in welcher sie zu sofort ...
Der VCS steht hinter mehr 30er-Zonen.Bild: keystone

Dort, wo Sicherheitsbedenken begründet seien, bestehe die Option, Tempo 30 beizubehalten, sagt Tuena. Ansonsten sei 30 auf Hauptverkehrsachsen Unsinn. «Das führt nur dazu, dass die Autofahrer wieder in die Quartiere ausweichen und den öffentlichen Verkehr ausbremsen. Das will niemand.»

Ab Ende August dürfte der Bundesrat Röstis Vorlage beraten, sagte UVEK-Sprecherin Franziska Ingold im «Tages-Anzeiger». Per Verordnung könne die Änderung schneller umgesetzt werden, das sei ein Vorteil.

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makwert
27.06.2025 16:21registriert November 2023
Ah, da hat der Rösti genau hingeschaut, wie Trump regiert.
Schön zentralistisch das diktieren, was sein Öldaddy von ihm verlangt.

Und wenn der Tuena wirklich glaubt, dass die 30erZonen für den Stau verantwortlich ist, dann kann ich ihm wirklich nicht mehr helfen.
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NewsQuester
27.06.2025 16:20registriert Juni 2024
Die Herren der SVP möchten den "grünen Städten" die Autonomie nehmen. Sie, die offenbar auf dem "rechten Land" in ihren Villen wohnen, wissen natürlich genau, was das Volk in den Städten möchte.

99% der Autofahrenden in der Stadt sind nicht die Bewohner selbst, würde ich mal behaupten. Also warum soll die Stadtpolitik nicht die Einwohner schützen?
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_andreas
27.06.2025 16:17registriert April 2020
Dass Bundesrat Rösti es nicht so hat mit der Demokratie hat er schon mehrfach bewiesen. Wundert mich gar nicht.
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