Herr Regierungsrat, man erwartete allgemein, dass die Nagra zwei der bisherigen sechs möglichen Tiefenlager-Standorte streichen werde. Jetzt hat sie vier gestrichen und schlägt nur noch zwei vor. Hat Sie das auch überrascht?
Stephan Attiger: Wir wussten, dass eine Einengung erfolgen und der eine oder andere Standort wegfallen werde. Die Einengung auf nur noch zwei Standorte und damit auf das Minimum der möglichen Optionen, hat die Aargauer Regierung tatsächlich ausserordentlich überrascht. Da schliesslich der Bundesrat entscheidet, könnten weiterhin auch von der Nagra gestrichene Standorte in Frage kommen. Die Wahrscheinlichkeit ist aber gross, dass man da nicht mehr zurück kann.
Sie sind aber wohl nicht überrascht, dass der Aargau mit der Region Jura Ost «im Rennen» bleibt?
Dass diese noch dabei sind, ist keine Überraschung. Zu klären ist aber, warum die anderen vier wegfallen sollen. Das Gebiet Südranden im Schaffhausischen zum Beispiel ist auch als möglicher Favorit gehandelt worden. Eins ist mir sehr wichtig: Die Aargauer Regierung sagt klar, wir wollen das Tiefenlager im Aargau nicht. Wir nehmen so schon grosse Belastungen auf uns. Wir haben zum Beispiel neben den Kernkraftwerken das Zwischenlager, in dem die Fässer jahrzehntelang zwischengelagert werden. Aber wir stehen auch zur Aussage: Es muss der sicherste Standort sein.
Sie sagen, es müsse der sicherste Ort sein, aber nicht hier, weil der Aargau genug andere Lasten habe. Das ist doch ein Widerspruch.
Nein. Zentral ist die Sicherheit, daran gibt’s nichts zu deuteln. Zu dieser Aussage steht auch die Zürcher Regierung, mit der wir in gutem Kontakt sind. Sollte sich indes herausstellen, dass zwei oder mehr Standorte gleichwertig sind, gehen wir davon aus, dass das Tiefenlager nicht in den Aargau kommt.
Sie betonen, die Sicherheit müsse den Ausschlag geben. Viele Leute erwarten letztlich aber einen politischen Entscheid und dass der Atommüll am Schluss sowieso im Aargau landet.
Sollte am Schluss ein politischer Entscheid resultieren, machen wir einen Aufstand. Der Entscheid muss dereinst 100 Prozent faktenbasiert sein. Auch die Kosten wären absolut kein Argument. Einen politischen Standortentscheid würden wir niemals akzeptieren.