Ist man im Strassenverkehr angetrunken oder zu schnell unterwegs, dann droht ein Entzug des Führerausweises. Das ist weitläufig bekannt. Deutlich weniger präsent dürften Autofahrerinnen und Autofahrern die Abstandsregeln sein.
Im Alltag werden die geforderten Abstände immer wieder missachtet. Was nicht allen bewusst ist: Ein zu geringer Abstand führt ebenso zum Ausweisentzug und kostet viel Geld. Ausserdem sind zu geringe Abstände auf den Autobahnen eine der häufigsten Unfallursachen.
Die Verkehrsregeln bezüglich des Abstandes auf den Schweizer Strassen sind vage. Durch Gerichtsentscheide haben sich gewisse Richtwerte etabliert. Die Kantonspolizei Bern schreibt auf Anfrage: «Das Bundesgericht bezieht sich auf einen Abstandwert von 1,8 Sekunden. Bei einem hohen Verkehrsaufkommen ist das kaum einhaltbar. Aktuell geht man davon aus, dass ein realistischer Wert circa 1 Sekunde beträgt. Alles, was sich unter diesem Wert befindet, kann zu einer Strafanzeige führen.»
Gerät man in ein solches Verfahren, kann eine Busse schnell einen vierstelligen Betrag erreichen. Ausserdem droht in vielen Fällen ein dreimonatiger Entzug des Führerausweises.
Moderne Fahrzeuge haben mittlerweile eingebaute Abstandsmesser. Anderenfalls kann auch gezählt werden. Die angesprochenen 1,8 Sekunden würden auf allen Arten von Strassen gelten. Bei 120 km/h beträgt der Abstand mit dieser Sekundenregel rund 60 Meter.
Das Kontrollsystem der Kantonspolizei Bern bezüglich der Abstände basiert auf Videotechnologie. Und: Die Geräte müssten bedient werden, sie funktionieren nicht vollautomatisch. Der Verkehr wird mit einer Kamera überwacht. Diese Kamera ermittelt die Geschwindigkeiten und Fahrzeugabstände. Weitere Kameras braucht es, um die Personen, Fahrzeuge und Kontrollschilder zu identifizieren. Die Kantonspolizei konkretisiert: «Die Kontrollen passieren fahrend mittels Videosystem und stehend mittels Videoüberwachung ab Brücken.» Das heisst, dass das System während einer gewissen Zeit an einem fixen Ort aufgebaut wird.
Der subjektive Eindruck einiger Leserinnen und Leser, dass es im Herbst 2024 mehr Abstandskontrollen auf Berner Autobahnen gegeben hat, kann die Kantonspolizei Bern nicht bestätigen. «Seit jeher ist dies Aufgabe der täglichen Grundversorgung sowie der technischen Verkehrsüberwachung der Polizei.»
Kaum etwas ist für Autofahrerinnen und Autofahrer nerviger als ein anderes Auto im Nacken. Trotzdem ist Ruhe bewahren wohl das beste Rezept, wenn ein Fahrzeug hinter einem die Abstandsregeln nicht einhält. Sonst kann man sich plötzlich selbst strafbar machen. Ruhe zu bewahren, ist jedoch nicht immer ganz einfach, wie ein aktueller Strafbefehl aus dem Berner Oberland zeigt.
Vor kurzem wurde ein Mann in Spiez verurteilt, weil er sich zu fest über ein «aufhockendes» Fahrzeug aufgeregt hatte. Passiert ist der Zwischenfall im Juli. Zwei Autos fuhren in Richtung Autobahn-Anschluss in Spiez, das hintere hatte deutlich zu wenig Abstand. Der Mann im vorderen Fahrzeug bremste dann bewusst stark bis zum Stillstand ab, so dass es zu einem Auffahrunfall kam. Für dieses Manöver wurde er nun verurteilt. Neben einer Verbindungsbusse von 600 Franken muss er auch die Gebühren von 500 Franken für den Strafbefehl übernehmen.
Für diese Wut im Strassenverkehr gibt es übrigens sogar einen englischen Fachbegriff, der im englischen Dictionary von Cambridge festgehalten wird – die sogenannte Road Rage. Zu wenig Abstand zum vorderen Auto kann diese im Menschen schlummernde Aggression definitiv entfachen.