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Grosse Trauer: letzte Schweizerin ohne Smartphone gestorben

Hier flüchtet Rösli Trütsch vor ihren Enkeln auf den Balkon, um in Ruhe Snake spielen zu können.  
Hier flüchtet Rösli Trütsch vor ihren Enkeln auf den Balkon, um in Ruhe Snake spielen zu können.  Bild: KEYSTONE
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Grosse Trauer: letzte Schweizerin ohne Smartphone gestorben

09.12.2014, 16:3409.12.2014, 16:42
buzz orgler
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Herisau (den) – Heute hängen schweizweit die Fahnen auf Halbmast. Rösli Trütsch, die letze Schweizerin ohne Smartphone, ist im Alter von 92 Jahren verstorben. «Wir sind froh, dass unsere Mutter nach all den Jahren des technischen Rückstands friedlich eingeschlafen ist», teilt Trütschs ältester Sohn dem Enthüller in einer WhatsApp-Nachricht mit.

Rösli Trütsch telefonierte seit 1999 mit einem Nokia 3210. Ob mobiles Internet, WhatsApp oder das Verschicken von E-Mails via Telefon, die Seniorin musste bis an ihr Lebensende ohne diese Annehmlichkeiten auskommen. Weder konnte Trütsch per Handy ermitteln, wann der nächste Zug abfährt, noch konnte sie im Bus ihre Mitreisenden mit der neusten Musik beschallen. 

Schmerzen in den Daumen

«Man stelle sich das mal vor! Meine Mutter tippte ihre SMS mit richtigen Tasten», berichtet ihr 68-jähriger Sohn Walter. Rösli Trütsch habe oftmals tagelang Schmerzen im Daumen gehabt, weil sich die Knöpfe ihres Nokia Handys so schwer drücken liessen. «Einmal zeigte ich ihr auf meinem iPhone einige Bilder meines Ferienhauses. Sie brach auf der Stelle in Tränen aus. Die Tatsache, dass ein Telefon Fotos machen kann, schockte sie.»

Rösli und ihr Nokia 3210 seien unzertrennlich gewesen, sagt Walter Trütsch. «Mit 82 fand meine Mutter nochmals ein neues Hobby, das fortan ihr Leben dominierte: ‹Snake›.» Sie habe das Spiel drei Jahre nach dem Kauf des Handys zufällig entdeckt. «Oftmals sass sie für mehrere Stunden auf dem Balkon, ignorierte ihre Enkelkinder und widmete sich ‘Snake’, das sie liebevoll ‹s’Schlangespieli› nannte.»

Ihre Enkelkinder bedankten sich jeweils artig per SMS für die grosszügigen Weihnachtsgeschenke: Kirschstengeli und selbstgestrickte Socken.
Ihre Enkelkinder bedankten sich jeweils artig per SMS für die grosszügigen Weihnachtsgeschenke: Kirschstengeli und selbstgestrickte Socken.Bild: KEYSTONE

Auch ihr Telekommunikationsanbieter trauert um die 92-Jährige. «Rösli Trütsch war eine unserer ersten und treuesten Kundinnen. Sie bezahlte bis zu ihrem Tod brav für jedes verschickte SMS anstatt wie alle anderen auf kostenlose Messenger Apps abzuspringen. Ausserdem fragte sie nicht alle sechs Monate, ob ihr ein neues Telefon zustünde. Im Gegenteil: Trotz zahlreicher Anrufe unseres Kundendienstes konnten wir ihr kein Smartphone schmackhaft machen. Soviel Kundentreue und Sturheit muss belohnt werden.» 

Für den Telekommunikationsanbieter ist darum Ehrensache, die Kosten für die Beerdigung der 92-Jährigen zu übernehmen. So soll Rösli Trütsch ihre letzte Ruhe in einem Sarg finden, der der Form des 3210 nachempfunden ist. Ihre Beerdigung soll der Öffentlichkeit zugänglich sein. Trütschs Sohn Walter erklärt: «Wir begraben nicht nur meine Mutter, sondern auch die Marke Nokia. Zumindest bei letzterer war das Ende ja schon lange in Sicht.»

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Hart recherchierte Fakten, fundierte Kritik und realistische Analysen? Die gibt es anderswo. Chefredaktor Buzz Orgler und sein Praktikant Pavel Kulicka decken auf, was keiner wissen will. Ob Berichte über Schwulenhasser, die in Russland Asyl beantragen oder mit Zwiebeln verunreinigte Kebabs, die beiden gescheiterten Journalisten sind sich für keine satirische Schlagzeile zu schade. Und schneller als die Wahrheit sind sie noch dazu. 



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