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Auf dem Schulweg werden Bibeln verteilt – muss ich das akzeptieren?

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Auf dem Schulweg werden Bibeln verteilt – muss ich das akzeptieren?

In aller Regel: Wohl oder übel ja.
09.11.2021, 13:58
Vera Beutler / lex4you by TCS
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Immer mal wieder häufen sich Berichte, wonach Kinder auf dem Schulweg die Bibel in die Hand gedrückt kriegen. Nicht alle Eltern sind darüber erfreut, aber machen können sie wenig dagegen. Denn wer Bibeln auf einer öffentlichen Strasse verteilt, übt seine verfassungsrechtlich garantierte Religionsfreiheit aus. Solange er sich dabei an einige rechtliche Vorgaben hält, kann ihn mit legalen Mitteln niemand davon abhalten.

«Auch eine Bibel-Verteilaktion darf nicht in eine Nötigung ausarten»

Verteilen von Bibeln grundsätzlich erlaubt

Bibeln oder andere heilige Schriften zu verteilen ist auf öffentlichen Strassen grundsätzlich bewilligungsfrei erlaubt.

Contentpartnerschaft mit TCS / lex4you.ch
Dieser Blog ist eine Contentpartnerschaft mit TCS Rechtsschutz und seiner interaktiven Rechtsauskunftsplattform lex4you.ch. Die Fragen stammen direkt aus dem Alltag von Rechtsschutzversicherten – kompetent beantwortet von der Juristin und Leiterin von lex4you.ch, Vera Beutler. Es handelt sich nicht um bezahlten Inhalt.

Sobald mehrere Personen zusammen Bibeln verteilen, sie einen Stand aufstellen oder die Kinder auf belebten Strassen in Gespräche verwickeln, ist je nach Polizeireglement eine Bewilligung notwendig, da die anderen Passanten so in ihrer Strassennutzung gestört werden. Die genauen Voraussetzungen variieren von Gemeinde zu Gemeinde, da dieser so genannte «gesteigerte Gemeingebrauch» kantonalrechtlich definiert ist.

Selbst die Bibel darf nicht aufgezwungen werden

Auch eine Bibel-Verteilaktion darf nicht in eine Nötigung ausarten: Niemand darf eine andere Person durch eine Beschränkung ihrer Handlungsfreiheit nötigen, etwas zu dulden. Möchte also ein Schüler die Bibel nicht, darf ihm niemand den Weg abschneiden, um ihn zu zwingen, das Buch entgegenzunehmen. Ebenso ist es problematisch, die Bibel in einem unbeobachteten Augenblick in den Schulrucksack zu stopfen.

Eine weitere Grenze für diese Verteilaktionen bildet die Religionsmündigkeit: In der Schweiz kann ein Kind erst ab seinem 16. Geburtstag über sein religiöses Bekenntnis entscheiden. Vorher ist die religiöse Erziehung Sache der Eltern, sofern sie dabei das Kindeswohl respektieren. Schenkt also eine Person einem fremden Kind ohne Einwilligung der Eltern eine Bibel, greift sie in die elterliche Sorge ein. Ein Jugendlicher ab 16 gilt als urteilsfähig genug, um zu entscheiden, ob er das Buch will oder nicht.

Öffentliche Schulen müssen religiös neutral sein

Nicht erlaubt sind Bibel-Verteilaktionen auf dem Gelände der öffentlichen Schule. Diese nämlich ist verpflichtet, einzugreifen, wenn jemand Bibeln verteilt: Öffentliche Schulen müssen nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung religiös neutral sein. So können Eltern oder Kinder verlangen, dass in der Schule keine Kruzifixe hängen, die Schule Schüler unabhängig von deren Konfession aufnehmen muss – und eben auch, dass niemand auf dem Schulgelände Bibeln oder andere heilige Schriften verteilt.

Privatschulen sind hier freier. Selbst diese müssen jedoch auf Grundschulstufe gewährleisten, dass sich die Schüler ihre Meinung frei bilden können.

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64 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chancho
09.11.2021 14:32registriert Februar 2020
Jetzt wissen wir auch warum die Kinder immer weinend von der Schule nach Hause kommen.
Die werden da nicht gemobbt.
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saukaibli
09.11.2021 14:40registriert Februar 2014
Wenn die religiösen Eiferer Bibeln, Korane oder was auch immer verteilen wollen, dann sollen sie das bei Erwachsenen machen. Wer aber solche Lektüre an Kinder verteilt, sollte sich schämen. Ein Buch voller Hass, Gewalt, Frauenverachtung, Intoleranz und Kindermord gehört so oder so nicht in die Hände von Kindern. Der missionarische Gedanke dahinter macht das Ganze noch schlimmer.
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insert_brain_here
09.11.2021 15:52registriert Oktober 2019
Also wenn ich mir den Text durchlese komme ich zum gegenteiligen Schluss, es ist grundsätzlich verboten Kindern unter 16 Jahren ohne Zustimmung der Eltern eine religiöse Schrift in die Hand zu drücken. Solange es sich also nicht um eine weiterführende Schule handelt ist davon auszugehen dass dieses Kriterium nicht eingehalten wird.
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Der Ort, an dem die Frauen baggern
Ich war für ein Wochenende in Davos und habe eine kleine Analyse und eine Nummer für euch mitgebracht.

Wer in Zürich jemanden kennenlernen will, so im echten Leben, in einer Bar oder einem Club, ich rede hier nicht von den ganz verrückten Dingen, die nur in Filmen passieren, wo sich Leute am helllichten Tag auf dem Trottoir kreuzen und so verzaubert sind, dass sie umdrehen und einander auf der Stelle ehelichen, nein, ich rede hier vom billigbanalen, promillebedingten Ansprechen an Orten, wo man sich kaum sieht und hört, davon rede ich, und auch das passiert in Zürich nie. Mir nicht, meinen Freundinnen und Freunden nicht und dir ganz bestimmt auch nicht. Ausser vielleicht, du siehst aus wie Jennifer Lawrence. Aber wer sieht schon aus wie Jennifer Lawrence? Eben.

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