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Seit acht Monaten schreibt mein Freund Tom an dieser Stelle über seine Autostopp-Reise, die ihn bisher von der Schweiz nach Südostasien geführt hat. Er kriegt dafür ganz viel positives Feedback. Die Leute stellen interessiert Fragen, und oft schwingt eine Prise Anerkennung mit für den Mut, seinen Traum zu verwirklichen.
Schildere hingegen ich als Freundin die Situation, sind die Rückmeldungen ganz anders. Statt Anerkennung ernte ich meist Mitleid. Eigentlich schade, denn es braucht mindestens gleich viel Mut, zurückzubleiben und trotz zweijähriger Weltreise an einer Beziehung festzuhalten.
So schön das Abenteuer «Per Autostopp um die Welt» klingt, so herausfordernd ist es für die Daheimgebliebenen. Oft wünscht man sich, der Reisende wäre selbst einmal in der umgekehrten Situation und würde das Gefühl des Zu-Hause-Bleibens am eigenen Leib erfahren.
Den ersten Tiefpunkt erlebe ich bereits eine Woche nach Toms Abreise im letzten Juni, und zwar beim Lesen der Online-Kommentare auf seine erste Kolumne. Ein User schreibt: «Was die Freundin dazu sagt, blieb leider unbeantwortet.»
Ein anderer User meint die Antwort zu kennen: «So gross kann die Liebe nicht sein, wenn man sowas trotz Freundin alleine durchzieht.»
Wird es mir ab jetzt wie den Stars und Sternchen ergehen, die jeweils in der Klatschpresse nachlesen können, wie es gerade um ihre Beziehung steht? Na dann, viel Spass.
Die Monate vergehen, und obwohl wir räumlich immer weiter voneinander entfernt sind, versuchen wir, uns emotional nahe zu bleiben. Ein Skype-Telefonat alle ein, zwei Wochen hilft dabei.
Wir fühlen uns trotz Distanz nah – zumindest bis zur nächsten technischen Störung. Gerade war Tom noch klar im Bild, im nächsten Moment schaut mir ein verpixeltes Monster entgegen. Dies kann manchmal amüsant sein, meist ist es aber einfach nur nervtötend und frustrierend.
In der Zeit ohne ihn schwanke ich oft zwischen «er ist ein toller Typ, welcher dem 0815-Leben den Rücken kehrt» und «warum kann er nicht einfach bei mir sein – wie alle anderen Freunde auch?»
Nach einem halben Jahr schliessen sich diese beiden Dinge endlich nicht mehr aus, da ich ihn für zwei Monate besuchen gehe. Ich treffe meinen Monsieur aber natürlich nicht im karibischen Inselparadies – na klar, das wäre viel zu einfach und langweilig – sondern im eiskalten Nordwesten Chinas.
«Aber weisch, däfür hets do kei Tourischte!», versucht mich Tom zu motivieren. Ganz ehrlich, ich wüsste auch nicht, wieso man Ürümqi im Dezember besuchen sollte. Im Lonley Planet wird dieser Monat nicht einmal als Nebensaison erwähnt. Doch nicht nur das: Ürümqi ist mit über 2000 Kilometern die am weitesten vom Meer entfernte Grossstadt der Welt – und ich liebe das Meer!
Kaum stehen wir an unserem ersten gemeinsamen Autostopp-Tag am Strassenrand, verabschiedet sich jegliche Blutzirkulation aus meinen Zehen. Bibbernd frage ich mich, was ich hier eigentlich genau mache. Ist das nun das Abenteuer, von dem Tom immer schwärmt?
Als uns nach zehn Minuten der erste Fahrer mitnimmt, uns zum Essen einlädt und wir Spannendes über Land und Leute erfahren, weiss ich aber, wieso diese Art zu reisen mehr Reiz hat als ein Liegestuhl im All-Inklusiv-Resort.
Meist sind wir in China verwöhnte Autostöppler und müssen nur ganz selten lange frieren. Im Hochland von Westsichuan komme ich aber an meine Grenzen. Wir warten einmal einen ganzen Tag lang und auch danach stöppeln wir mühsam von Kaff zu Kaff. Der Verkehr – und zunehmend auch meine Geduld – lassen zu Wünschen übrig.
Als endlich ein Fahrer anhält und anbietet, uns ans 20 Kilometer entfernte Tagesziel zu fahren, bin ich schon mit einem Fuss im Auto – der Fahrer verlangt jedoch 15 Yuan (CHF 2.30) für die Fahrt.
Ich würde ihm das Geld gerne geben, aber es gibt ein Problem und das steht neben mir mit seinem Rucksack: Tom will nicht bezahlen, da dies gegen seine Reise-Philosophie verstösst. Auch als ich anbiete, für ihn zu bezahlen, bleibt er stur. Wir bleiben am Strassenrand zurück und streiten über Sinn und Unsinn seiner Prinzipien.
Trotz allem fällt mein Fazit nach acht Monaten als Freundin eines Weltenbummlers insgesamt positiv aus: Eine Beziehung trotz zweijähriger Weltreise ist möglich. Denn eine Beziehung haben heisst nicht nur, gemeinsam am gleichen Strick zu ziehen, sondern den Liebsten auch ziehen zu lassen.
So hart die Trennung manchmal ist, so intensiv ist danach die Zeit zusammen. Blöd ist nur, dass unsere gemeinsamen zwei Monate bereits vorbei sind und wir nun wieder getrennt sind. Wehe, es ist auch so saukalt wie im Nordwesten Chinas, wenn ich in die Schweiz zurückkomme ...
Ja, ich weiss, nach diesem Blogpost muss ich erst recht damit rechnen, dass Wildfremde über meine Beziehung urteilen. Aber jetzt kann ich damit leben, da ich die Möglichkeit hatte, meinen Senf dazuzugeben.
baggi
Hippie-ster
Ich kann Dir gut nachfühlen. Meine Frau hab ich beim Reisen in Neuseeland kennengelernt und wir führten danach über zwei Jahre eine Fernbeziehung. Wir haben uns bis zu acht Monate lang nicht gesehen und Skype hilft, aber eben.
Zehn Jahre danach sind wir noch zusammen, haben eine Familie gegründet und richtig happy.
Es ist nicht einfach und Du wirst noch oft zweifeln und frustriert sein, aber es wird sich lohnen. Lass Dir von Pessimisten und Besserwissern nicht die Stimmung vermiesen.
Luca Brasi
Ich möchte Ihnen noch danken für Ihre Erste Hilfe-Massnahme für einen alten Mann nahe Fufeng.
Viel Kraft und Ausdauer wünsche ich Ihnen und dass Herr Schlittler Sie beim nächsten Mal an die Meeresküste einlädt. ;)