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Lebenskraft: Das seltsame Programm der Zürcher Esoterikmesse

Aura Soma soll an der Esoterik-Messe in Basel am 17. November 1995 die Lebensgeister wecken. Unter dem Titel "Veraenderte Bewusstseinszustaende" fanden in der Basler Mustermesse die Psi-Tage ...
Die farbigen Fläschchen der Auro-Soma-Flüssigkeiten gehören an jede Esoterikmesse.Bild: KEYSTONE
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Heilige Bienen, transformierte Gehirne und Selbst-OPs: Der Wahn der Zürcher Esoterikmesse

06.05.2019, 09:04
Hugo Stamm
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Zu den stärksten Kräften unseres Bewusstseins gehört die Einbildung. Wir sind von Ängsten und Sehnsüchten gesteuert, weshalb unser Hirn Bilder, Ideen und Hoffnungen produziert, die aus tiefen unbewussten Schichten stammen und oft wenig mit den eigentlichen Lebensumständen oder der realen Welt tun haben. Die Folge: Der Aberglaube beherrscht unser Denken.

Hautnah erleben kann man das Phänomen nächste Woche in Zürich. Am kommenden Donnerstag beginnt der viertägige Jahrmarkt der Einbildungen und Wunder. Die Esoterikmesse «Lebenskraft» zieht wohl einmal mehr Tausende spirituelle Sucher in ihren Bann, die sich nach Heil, Heilung und Heiligung sehnen.

Neben den vielen Ausstellern bietet die rührige Messeleiterin Angelika Meier ein voll bepacktes Rahmenprogramm mit spirituellen Meistern, Geistheilern und hellsichtigen Medien.

Am Freitagabend channelt zum Beispiel die Österreicherin Ingrid Auer live Energien und Botschaften von Engeln, aufgestiegenen Meistern, Göttinnen und Schutzpatronen. Die Besucher kommen also in den Genuss von authentischen Botschaften aus dem Himmel.

Auch Hazel Brugger wagte einen Messebesuch:

Sie war an der Esoterikmesse in Mannheim.Video: YouTube/Thomas Spitzer

Am Samstagmorgen erklärt der esoterisch angehauchte Arzt Matthias Kampschulte alternative Methoden der omnipotenten Zellverjüngung. Angeblich eine günstige Art der Lebensverlängerung.

Der russische Meister Alexander Kalen hat gleich zwei Auftritte. Ein Workshop behandelt die «bessere Anbindung an die höheren Ebenen des Bewusstseins». Ausserdem werden die Zellen der DNS, das Hirn und der Körper der Besucher transformiert.

Beim zweiten Auftritt neutralisiert Kalen gleich seine eigene kollektive Hirnwäsche. Er verspricht, die Manipulationsprogramme durch die Medien, religiöse Einrichtungen und anderes mehr loszuwerden. Und er bietet auch Schutz vor weiteren Manipulationen.

Auch Pendel werden an allen Esoterikmessen verkauft.
Auch Pendel werden an allen Esoterikmessen verkauft.bild keystone

Auch vor Ort: der umstrittene Heiler Christos Drossinakis. Er betont, dass die Heilung nicht durch ihn passiere, sondern durch eine göttliche Kraft. Eine Vorsichtsmassnahme, um nicht gegen das Gesundheitsgesetz zu verstossen. Denn Heiler dürfen keine Krankheiten im medizinischen Sinn behandeln und keine Heilung versprechen.

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Eine besondere Methode stellt der Herzheiler Thomas Young aus Hawaii vor. «Autonome Heilbewegungen der Seele werden möglich», verspricht er. Vielleicht sollte Young die Seele zuerst verorten, bevor er sie in die heilende Bewegung versetzt.

Annabelle Bakic präsentiert die Matrix des Bewusstseins der Bienen. Diese würden ein ganz ursprüngliches, reines Wissen für diese Welt bewahren. Und wörtlich: «Die Biene gilt seit Urzeiten als spirituelle Führerin, verbunden mit den heiligsten Prinzipien des Seins, die als Mysterienwissen von Generation zu Generation weitergegeben wurde.» Du heiliger Bimbam. Was wohl die Bienen dazu sagen?

Auffällig und überraschend ist, dass die russische Heilpraktikerin Tatjana Lackmann einen Auftritt bekommt. Sie wird als Ärztin vorgestellt und trägt den Titel «Prof. Dr. med.».

Prof. Dr. Tatjana Lackmann «operiert» mit blossen Händen. Video: YouTube/Indigo Kristall

Lackmann betreibt paranormale Chirurgie und zeigt bei ihrem Auftritt in Zürich «Selbst-Operationen, speziell für die Halswirbelsäule, Lendenwirbelsäule, zum Stärken des Kreuzbereiches, Gelenke, Leber und andere innere Organe.»

«Bei dieser Methode werden mit blossen Händen etwa drei nacheinander folgende Schnitte, durch Streichen mit dem Finger über die Haut, vorgenommen.»
«Chirurgin» Tatjana Lackmann

Ist das nur eine spirituelle oder virtuelle Operation? Auf ihrer Homepage schreibt sie: «Die ‹Paranormale Chirurgie nach Methode Tatjana Lackmann®› ähnelt einer Operation ohne Messer. Der Patient ist in einem Trancezustand, doch bei klarem Bewusstsein. Bei dieser Methode werden mit blossen Händen etwa drei nacheinander folgende Schnitte, durch Streichen mit dem Finger über die Haut, vorgenommen. Anschliessend erfolgt das ‹Herausnehmen› des ‹kranken Gewebes›, bis der Patient das Gefühl von Leichtigkeit und Leere verspürt. Als Letztes wird der behandelte Teil wieder ‹geschlossen und zugenäht›.»

So weit, so klar. Oder doch nicht? Was man von den paranormalen Operationen halten muss, kann Messechefin Meier gleich selbst beurteilen. Sie liess sich 2011 von der «Professorin» die Gallensteine operieren, begleitet von einem Team des Schweizer Fernsehens.

Trotz «Operation» waren Gallensteine nicht verschwunden

Um die lange Geschichte kurz zu machen: Nach der «Operation» liess sich Meier schulmedizinisch untersuchen. Das wenig überraschende Resultat: Die Gallensteine lagen nicht in der Nierenschale von Lackmann, sondern schlummerten weiterhin im Bauch der leichtgläubigen Patientin.

Diese Pleite hat Meier nicht daran gehindert, die Chirurgin ohne Skalpell auch an die diesjährigen Esoterik-Tage einzuladen. Womit es überflüssig wird, über die Qualitätsstandards der viertägigen Veranstaltung zu diskutieren.

Hugo Stamm; Religionsblogger
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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158 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ArkMi
04.05.2019 08:17registriert Januar 2019
Unglaublich, solcher Aberglauben und vorallem solch naive Gutgläubigkeit in unserer Zeit.

Solche Messen sollten, wie auch die "Dianetik-Stände" an Bahnhöfen, verboten werden. Sekten und Scharlatane alle zusammen.
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Kearney
04.05.2019 12:59registriert Mai 2018
Ich habe Erotikmesse gelesen und mich gewundert warum Hugo Stamm darüber berichtet.🧐😅😂🤣
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ströfzgi
04.05.2019 08:39registriert April 2016
Hugo, machst du Führungen an der Messe? Ich würd en Lappe zalle 😃
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Wanda, die Wonderwoman, die 1 an der Waffel hat
Zu den Dingen, auf die ich so gar nicht stehe, gehören Pärli-Dinner-Dates. Neulich muss ich mal wieder antraben. Und lerne eine Frau kennen, die alles kann. Ausser nett sein.

Als Wanda die Tür aufmacht, frage ich mich, ob wir an der Wisteria Lane sind und ob das die etwas jüngere Version von Bree Van de Kamp ist, die uns anstrahlt.

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