Religionsgemeinschaften machen ihren Gläubigen weis, die einzig wahre Heilslehre zu verkünden. Sie halten ihren Glauben für die unvergängliche und nicht relativierbare Wahrheit. Somit implizieren sie, Vertreter des authentischen Gottes zu sein.
Die Priester, Prediger und Pfarrer der verschiedenen Glaubensgemeinschaften sind überzeugt, im Bund des einzig wahren Gottes zu sein oder mit den Göttern kommunizieren zu können. Dieser Absolutheitsanspruch gehört zwingend zum Glauben an ein höheres Wesen oder an einen Schöpfer.
Er ist aber gleichzeitig der Pferdefuss. Denn die Philosophie lehrt uns, dass es im Leben die Wahrheit an sich nicht gibt. Alles ist relativ, alles ist in Bewegung, alles unterliegt einem Prozess und dauernden Wandel. Sogar die christliche Ethik und Moral.
Ein Beispiel: Im Alten Testament wurden Frauen gesteinigt, die ein bisschen zu viel Haut zeigten. Heute bewegen sie sich mit grösster Selbstverständlichkeit im Bikini am Strand. Und nicht einmal die christlichen Geistlichen regen sich darüber auf.
Auch psychologisch gesehen ist der Absolutheitsanspruch im wahrsten Sinn des Wortes tödlich. Die vielen Religionskriege, die ihre Blutspur durch die Geschichte der Menschheit ziehen, machen es deutlich. Und die vielen Attentate im Namen Allahs sind auch nur so zu erklären, dass die Täter ihren Gott als die absolute und höchste Instanz betrachten.
Wären Gott und die Götter nur die Metapher für eine höhere Macht, gäbe es keine religiösen Konflikte. Und sie wären keine absolute Gestalten, sondern ein Hilfskonstrukt, um das Unfassbare vage zu bezeichnen.
Würden wir Gott als relative Grösse auffassen, wären wir toleranter und die Welt käme friedlicher daher. Denn der Glaube ans Absolute beeinflusst unser Bewusstsein unheilvoll. Wir spüren unbewusst den Widerspruch: Da im Leben alles relativ und subjektiv ist, überfordert uns die Vorstellung an einen «absoluten Gott», zumal wir uns eingestehen müssen, dass wir Gott weder begreifen noch erfassen können.
Dieses Dilemma führt bei radikalen Gläubigen gern zum Fanatismus. Statt dass uns Gott gelassen macht, kann er Verwirrung stiften. Und wir vergessen, dass der Glauben eben nur ein Glaube ist. Dieser Begriff ist nämlich ehrlich und relativiert alles Religiöse, denn er bedeutet, etwas lediglich «für wahr zu halten».
Auch wenn ich den fĂĽr mich richtigen Weg gefunden habe gibt es mir nicht das Recht andere fĂĽr ihren Glauben oder eben nicht glauben zu verurteilen.
Unser Gottesbild relativiert sich daher von selbst.