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KI, Cobots & Co.: Wird der Roboter bald unser bester Kollege?

Cobots, Mensch und Maschine, KI
Was macht echte Mensch-Maschinen-Zusammenarbeit aus? bild: ffhs/ki-generiert
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KI, Cobots & Co.: Wird der Roboter bald unser bester Kollege?

Cobots – kollaborative Roboter – halten zunehmend Einzug in unsere Arbeitswelt. Im Interview erklärt der Experte für Mensch-Maschine-Interaktion Dr. Michael Jäger warum uns Roboter in Zukunft eher den Rücken freihalten als den Job streitig machen.
14.05.2025, 14:0514.05.2025, 15:59
natascha Ritz, ffhs
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Dr. Michael Jäger, wann haben Sie das letzte Mal selbst mit einer Maschine kommuniziert – und wie war das Erlebnis für Sie?

Michael Jäger: Das war heute Morgen im Auto, als ich per Sprachbefehl das Navigationssystem nutzen wollte. Die Kommunikation hat grundsätzlich funktioniert, aber es war mühsam – ich musste den Befehl mehrfach in unnatürlichem Satzbau wiederholen, bis das System richtig reagiert hat. Das zeigt gut, wo wir aktuell stehen: Maschinen verstehen Anweisungen, aber nicht immer den Kontext oder die Absicht dahinter. Die Interaktion ist technisch korrekt, aber noch weit entfernt von echter Natürlichkeit.

Sie sagen, dass die Art, wie wir mit Maschinen interagieren, heute noch sehr unnatürlich ist. Wie meinen Sie das und woran liegt es?

Unsere Kommunikation mit Maschinen ist oft starr, technisch geprägt und wenig flexibel. Das liegt daran, dass die meisten Systeme nach wie vor auf vorgegebene Abläufe reagieren. Der Mensch muss sich also der Maschine anpassen, nicht umgekehrt – und das fühlt sich unnatürlich an.

Wie müsste eine wirklich intuitive Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine aussehen? Gibt es dafür schon erste gute Beispiele?

Intuitiv bedeutet: ohne grosse Einarbeitung, ohne explizite Steuerung. Die Maschine erkennt, was ich vorhabe, passt sich meinem Tempo an, wartet, wenn ich unsicher bin, und unterstützt mich dort, wo ich es brauche. Ein gutes Beispiel sind Cobots, also kollaborative Roboter, in der Montage, die ihre Bewegungen automatisch an das Arbeitstempo des Menschen anpassen und sogar mit Pausen umgehen können. Das wirkt fast wie Teamarbeit.

Inwieweit spielt Künstliche Intelligenz dabei eine Rolle, die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine zu verbessern?

Sie ist der Schlüssel dazu. Nur durch lernfähige Algorithmen können Maschinen unser Verhalten deuten, darauf reagieren und sich verbessern. KI hilft, Muster zu erkennen – sei es bei Gesten, Sprache oder in Bewegungsabläufen. Ohne diese Fähigkeit bliebe jede Interaktion auf einfache Befehlsketten beschränkt.

Wir erleben gerade eine rasante Entwicklung bei Sprachmodellen, Chatbots und Robotik – wie verändert das unser Verhältnis zu Technik? Wird der Mensch
irgendwann vergessen, dass er mit einer Maschine spricht?

Ich denke, das wird kontextabhängig sein. In der Produktion etwa spielt es keine Rolle, ob ich mit einem Menschen oder einer Maschine interagiere – Hauptsache, der Ablauf ist verständlich und sicher. In anderen Bereichen, etwa der Pflege, werden wir sehr genau unterscheiden, mit wem wir sprechen. Die Technik kann uns unterstützen, aber das Zwischenmenschliche bleibt wichtig.

Unsere Kommunikation mit Maschinen ist oft starr, technisch geprägt und wenig flexibel. Das liegt daran, dass die meisten Systeme nach wie vor auf vorgegebene Abläufe reagieren. Der Mensch muss sich also der Maschine anpassen, nicht umgekehrt – und das fühlt sich unnatürlich an.
Dr. Michael Jäger

Cobots sollen die direkte Zusammenarbeit mit dem Menschen ermöglichen. Wie gut funktioniert das heute schon in der Praxis?

Besser, als viele denken. In mittelständischen Unternehmen oder in der Logistik übernehmen Cobots heute Aufgaben, die früher manuell erledigt wurden – etwa das Be- und Entladen, Schraubarbeiten oder Kleben. Wichtig ist, dass diese Systeme flexibel bleiben und sich in den Arbeitsalltag integrieren lassen. Dann funktionieren sie nicht nur technisch, sondern auch kulturell.

Was unterscheidet einen Cobot eigentlich von einem klassischen Roboter, wie man ihn aus der Industrie kennt – abgesehen vom fehlenden Schutzkäfig?

Der zentrale Unterschied liegt im Verhalten. Der klassische Industrieroboter ist auf Effizienz und Wiederholgenauigkeit ausgelegt – er funktioniert nur in einem kontrollierten Raum. Der Cobot hingegen erkennt seine Umgebung, reagiert auf Menschen, bremst automatisch ab, wenn jemand in die Nähe kommt. Er ist nicht nur sicher, sondern im besten Fall sogar lernfähig.

Kritiker befürchten, dass Roboter – auch Cobots – irgendwann Arbeitsplätze verdrängen. Was entgegnen Sie dieser Sorge?

Das ist eine verständliche Sorge, aber sie verkennt das Potenzial. Cobots nehmen keine Arbeitsplätze weg, sie verändern Tätigkeiten. Sie übernehmen monotone oder ergonomisch belastende Aufgaben – und schaffen dadurch Freiräume für komplexere Tätigkeiten. Oder um es auf den Punkt zu bringen: Cobots sind Kollegen, nicht Konkurrenten. Sie entlasten den Menschen, statt ihn zu ersetzen.

In Ihrer Dissertation beschäftigten Sie sich mit Spitalrobotern, die Schlaganfall-Patienten bei der Rehabilitation helfen. Für die meisten ist es ein Horrorszenario, bei Krankheit von Robotern unterstützt zu werden. Können Sie dies nachvollziehen?

Ja, absolut. In gesundheitlich sensiblen Situationen wünschen wir uns menschliche Nähe und Empathie. In diesem Teilprojekt stand im Vordergrund, Schlaganfallpatientinnen und -patienten beim spielerischen Wiedererlernen von Bewegungsabläufen zu unterstützen. Der Roboter half zu Beginn intensiv mit und zog sich bei Fortschritten zunehmend zurück. Die Technik wurde dabei klar als Ergänzung zur Therapie verstanden – nicht als Ersatz für medizinisches Personal. Entsprechend war die Akzeptanz hoch.

Glauben Sie, dass wir eines Tages mit Maschinen genauso zusammenarbeiten können wie mit menschlichen Kolleginnen und Kollegen? Oder gibt es da eine unüberwindbare Grenze?

Wir werden mit Maschinen sehr gut zusammenarbeiten können – aber eben anders. Maschinen sind präzise, ausdauernd und datengetrieben. Menschen sind spontan, kreativ und intuitiv. Wenn wir diese Stärken kombinieren, entstehen neue Formen der Zusammenarbeit. Ich glaube nicht, dass die Maschine je ein Mensch wird – aber sie kann ein verlässlicher Partner werden.

Und zum Schluss: Wenn Sie eine Zukunftsvision malen dürften – wie sieht die ideale Beziehung zwischen Mensch und Maschine im Jahr 2040 aus?

Ich stelle mir vor, dass Technik bis dahin so weit im Hintergrund verschwunden ist, dass sie kaum noch auffällt. Maschinen sind dann nicht mehr Werkzeuge, sondern Mitgestalter – sie reagieren auf uns, lernen mit, schlagen Lösungen vor. Und wir als Menschen konzentrieren uns auf das, was uns ausmacht: Kreativität, Führung, soziale Intelligenz. Eine echte Partnerschaft – in der klar ist, wer welche Rolle spielt.

Wird die Maschine eines Tages zum Teammitglied statt zum Hilfsmittel? Schreib deine Meinung in die Kommentare!

Contentpartnerschaft mit FFHS

Dieser Blog ist eine Contentpartnerschaft mit der FFHS Fernfachhochschule Schweiz. Die Beiträge werden von der FFHS verfasst.

Die kollaborative Robotik wird an der FFHS in einem neuen Lehrgang CAS Human-Machine Collaboration thematisiert. Die Weiterbildung vermittelt umfassendes Wissen, wie die Interaktion zwischen Mensch und Roboter gestaltet und in die Arbeitswelt eingesetzt werden kann.

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